„Battlefield Hardline“: Räuber und Gendarm spielen

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Nur ein kleines „Battlefield“? Nur eine bessere Mod zum Vollpreis? Bereits im Vorfeld standen die Zeichen für den Ego-Shooter „Battlefield Hardline“ für PC, PS4 und Xbox One nicht gut.

Von Olaf Bleich/bpf

Dabei lernten Electronic Arts und Entwickler Dice scheinbar aus ihren früheren Fehlern. Erstmals holte man sich Visceral Games, die Macher der Gruselreihe „Dead Space“ an Bord, um an der Einzelspielerkampagne mitzuwirken. Doch funktioniert das „Räuber und Gendarm“-Prinzip in „Battlefield Hardline“ überhaupt, oder tritt der Polizei-Shooter die bislang eher militaristisch geprägte Serie mit Füßen? Wir haben Story- und Multiplayer-Modus des Spiels getestet.

Ego-Shooter im Serienformat

Nick Mendoza ist ein junger, ambitionierter Polizist in Diensten des Drogendezernats von Miami. Der Sohn kubanischer Auswanderer eifert seinem Vater nach und hat alle Hände voll zu tun. In Miami macht die Modedroge „Hotshot“ die Runde. Doch die Drahtzieher hinter dem Geschäft mit dem weißen Pulver werden von höchster Position aus gedeckt. Battlefield Hardline erzählt in seiner zehn Episoden umfassenden Einzelspielerkampagne eine Geschichte von Gewalt, Korruption und Rache. Bei Stimmung und der Ausrichtung der Figuren erinnert Hardline an TV-Serien wie „Breaking Bad„, „Dexter“ oder „Justified“.

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Dieser Vergleich kommt nicht von ungefähr: Unterbrechen Sie das Spiel, führt Sie ein kurzer „Was bisher geschah“-Trailer beim nächsten Start wieder in den Zusammenhang ein. Des weiteren wirkt die Anzahl der rasch auftauchenden Haupt- und Nebenfiguren wie aus einer amerikanischen Crime-Serie entnommen. Vom schmierig-cleveren Drogenhändler bis zum militanten Waffennarren greift Visceral Games alle gängigen Klischees auf. Hardline ist sicherlich keine anspruchsvolle Kost, aber unterhaltsam und kurzweilig, sofern man nicht jede Figur und jedes Plot-Detail hinterfragt.

Festnehmen oder abknallen?

Das Polizei-Setting beeinflusst auch die Spielmechanik von Battlefield Hardline: Cop Nick Mendoza ist ein Mann des Gesetzes – und als solcher ballert er nicht wahllos um sich. Stattdessen zückt er auf Tastendruck seine Marke und nimmt Gangster, Schläger und andere Subjekte fest. Allerdings funktioniert dieses Vorhaben nur, solange Nick unentdeckt bleibt.

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Das wiederum führt zu einem ähnlichen Spielansatz wie beim Shooter-Konkurrenten Far Cry 4: Man scannt zunächst mit Nicks Polizei-Smartphone die Umgebung, markiert Feinde und macht Schurken ausfindig, die per Fahndungsbefehl gesucht werden. Ein Radar im unteren linken Bildschirmeck zeigt dann Feinde und deren Sichtkegel an. So schleicht man vorsichtig durch die Areale und nimmt einen Bösewicht nach dem anderen fest oder knockt ihn zumindest aus. Nur wenn die Kollegen überleben, steigt man nämlich im Expertenrang auf und schaltet so Extrawaffen, Aufsätze oder Hilfsmittel frei.

Redundantes Gameplay

Die Schleichmechanik von Battlefield Hardline ist eine schöne Ergänzung zum Baller-Alltag, aber längst nicht fehlerfrei. Gegner reagieren viel zu spät auf Nick, und so stört es sie auch nicht, wenn er drei Meter weiter einem Kameraden lautstark Handschellen anlegt. Das Ablenkungsmanöver mit Hilfe einer Patronenhülse wirkt zudem arg künstlich, da nur ein Gegner das auffällige Geräusch verfolgt. Außerdem wiederholen sich der Level-Aufbau und der Vorgang aus Abscannen und Anschleichen im Verlauf des Spiels zu oft. Trotzdem: Setting und Spieldesign werden hier weitestgehend solide und sinnvoll in einen Zusammenhang gebracht.

Kein Volltreffer, aber ein guter Shooter

Battlefield Hardline variiert im Spielverlauf Umgebungen und Missionen. Dramatische Höhepunkte sind beispielsweise die Flucht über einen Highway mit allerlei Gangstern im Gepäck oder ein Einsatz in einem Einkaufszentrum während eines Hurrikans. Obwohl das Spiel auf der PS4 lediglich mit 900p-Auflösung und auf der Xbox One sogar nur mit 720p läuft, kann sich Hardline in der Einzelspielerkampagne absolut sehen lassen. Stimmungsvolle Lichteffekte und umherfliegende Partikel erzeugen eine schöne Atmosphäre.

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Außerdem leistet die Frostbite-3-Engine erneut ganze Arbeit in Bezug auf die Zerstörung der Umgebung: Holzkisten, Bartresen oder kleinere Balkonaufbauten zerbröseln stilecht unter Beschuss. Wenn es in Battlefield Hardline zu Schusswechseln kommt, dann geht es hier ähnlich heftig zur Sache wie in Battlefield 4. Allzu kompliziert sind die Schlachten nicht, aber wenn Nick Mendoza dutzende Ganoven zur Strecke bringt, ist das launig und befriedigend. Die Kampagne bietet mit sechs bis acht Stunden einen ausreichenden Umfang und spielt sich deutlich stärker als die Story-Versuche der Vorgänger.

Online-Freuden…

Nicht nur in der Kampagne weicht Hardline von der Formel der bisherigen Serie ab. Der Mehrspielermodus bietet ebenfalls eine Fülle an Innovationen – mal zum Guten, mal zum Schlechten. Die ungewöhnlichste Spielart ist zweifellos „Hotwire“: Hier dienen Fahrzeuge als mobile Flaggenpunkte. Wer sie erobert und anschließend damit durch die Levels kurvt, erntet Punkte. Hotwire ist eine schöne Ergänzung und gerade für Einsteiger eine prima Gelegenheit, um schnell Erfahrung zu sammeln.

„Rettung“ erinnert dagegen mit seinem Geiselansatz an den Klassiker Counter-Strike, „Team-Deathmatch“ bietet die gewohnte Shooter-Kost mit bis zu 32 Spielern auf jeder Seite. Und „Überfall“ und „Blood Money“ funktionieren nur mit Absprachen. Denn ansonsten mündet das Erobern von Gelddepots oder das Knacken von Tresoren schnell in den Armen der Feinde. Mit zufälligen Teilnehmern sind diese Spielarten vergleichsweise chaotisch und witzlos. „Conquest“ bietet auf großen Karten wie „Dustbowl“ oder „Hollywood Heights“ klassischen Battlefield-Spielspaß samt Eroberung von Flaggenpunkten. Aufgrund des Fehlens von Booten und Düsenjets mangelt es allerdings an Fahrzeugen. Allzu abgedrehte Stunt sind diesmal trotz Hubschraubern und Dirt-Bikes kaum drin.

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…und Technik-Leiden!

Dazu leistet sich Battlefield Hardline einige technische Patzer. Zwar lief das Spiel im Vorab-Testjederzeit flüssig, allerdings kam es gelegentlich zu Tonaussetzern. Viel schwerer wiegt allerdings die Präsentation: Hardline schraubt die Detailtiefe – insbesondere die Lichteffekte – bei PS4 und Xbox One spürbar herunter, sodass der Multiplayer in Sachen Grafik gegenüber dem Einzelspielermodus klar den Kürzeren zieht. Wer die optisch beste Version spielen will, muss zur PC-Fassung greifen.

Was uns gefällt

Hardline bietet die beste Kampagne der Battlefield-Serie und ist ein insgesamt gelungener Shooter. Story und Spannungsbogen passen, der Wechsel zwischen Schleich- und Ballerabschnitten funktioniert. Die Story ist abwechslungsreich und wartet mit einigen interessanten, wenn auch nicht immer logischen Wendungen auf. Der Mehrspielermodus auf der anderen Seite macht es Einsteigern leichter als früher und umfasst eine solide Mischung aus alten und neuen Spielarten.

Was uns nicht gefällt

Der Einzelspieler-Part ist nicht sonderlich anspruchsvoll und krankt an den üblichen Kompromissen, die ein Spiel mit einem solchen Mix aus Schleichen und Schießen eingehen muss: schwache Gegner-KI und sich wiederholende Abläufe. Und die Festnahme-Mechanik wirkt zwischendurch aufgesetzt. Der Mehrspielermodus ist technisch angestaubt und stößt gerade Fans der Reihe mit verringerter Spieltiefe vor den Kopf.

Fazit

Hardline bringt frischen Wind in die Battlefield-Serie. Die Einzelspielerkampagne ist trotz Schwächen wie den doofen KI-Wachen und der wackeligen Schleichmechanik unterhaltsam und spielenswert. Der stärkere Mehrspielermodus bricht dank ungewohnter Spielarten wie Hotwire mit der Tradition der Serie, bietet aber aufgrund der Modusvielfalt für nahezu jeden Geschmack etwas. Battlefield Hardline mag zwar alteingesessenen Anhängern der Shooter-Serie übel aufstoßen, Neueinsteiger sollten Viscerals Polizei-Shooter aber eine Chance geben.

Titel: Battlefield Hardline
Genre: Ego-Shooter
Publisher: Electronic Arts
Hersteller: Visceral Games / Dice
Release: 20. März 2015
Preis: zirka 60 Euro (PC) / zirka 70 Euro (Konsolen)
System: PC, PS4, Xbox One
USK-Freigabe: Ab 18 Jahren
Wertung: Gut

Erschienen am 18. März 2015 bei T-Online.