Twitter-Shitstorm
„Crysis“-Entwickler Crytek prahlt auf Twitter mit Überstunden seiner Mitarbeiter – und löst damit im Netz einen Sturm der Entrüstung aus.
Von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Die sogenannte Crunch Time ist in der Spieleentwicklung längst eher Regel, denn Ausnahme: In den letzten Produktionswochen vor der Deadline müssen Games-Programmierer nicht selten unter massivem Zeitdruck reichlich Überstunden leisten, damit ihr Spiel rechtzeitig fertig wird.
Der deutsche Spielehersteller Crytek („Far Cry“, „Crysis“) hat gestern mit einem auf Twitter veröffentlichten Tweet einen mittelschweren Shitstorm und eine neue Diskussion um die oft schlechten Arbeitsbedingungen für Spieleentwickler ausgelöst. Dort war in Bezug auf das für die neue Xbox One erscheinende Actionspiel „Ryse: Son of Rome“ zu lesen, dass sich die Angestellten derzeit in der Crunch Time befänden und bis zur Veröffentlichung des Titels am 22. November – zum Start der neuen Microsoft-Konsole – 11.500 Mahlzeiten zu sich nehmen würden.
Was eigentlich als witzige Anekdote gedacht war, ging aber ziemlich nach hinten los: Binnen weniger Stunden folgten auf Twitter Hunderte kritische Kommentare von Spiele-Fans, Branchenvertreten und Journalisten, die Crytek vorwerfen, mit ihrem Twitter-Beitrag eine Verherrlichung der umstrittenen Arbeitspraktik zu propagieren.
Internationale Gamesmagazine wie die renommierte Spielewebsite Kotaku haben den Vorfall bereits aufgegriffen, eine offizielle Stellungsnahme von Crytek liegt bis dato noch nicht vor.
Ähnliche Diskussionen gab es in der Spieleindustrie bereits des Öfteren. So gingen 2010 etwa die Ehefrauen von Mitarbeitern des Studios Rockstar San Diego mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit, in dem sie die katastrophalen Arbeitsbedingungen ihrer Männer anprangerten, die für die Fertigstellung des Rockstar-Hits „Red Dead Redemption“ wochen- und monatelang Überstunden und Wochenendarbeit erdulden mussten.