„Zelda: The Wind Waker HD“ im Test: Zeitlos gut

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Mit der Neuauflage des Klassikers „The Legend of Zelda: The Wind Waker“ macht Nintendo Spitzohr Link fit fürs HD-Zeitalter – und beweist eindrucksvoll, warum das Spiel schon damals bahnbrechend war.


Von R. Bannert und B. Plass-Fleßenkämper 

Beim Aufbau neuer Marken tut sich der Videospielhersteller Nintendo ziemlich schwer, doch in Sachen Markenpflege macht den Japanern so schnell keiner was vor: Von Hüpfmeister Mario über die putzigen Pokémon bis hin zu Primat Donkey Kong – seine Vorzeige-Helden hegt und pflegt das Unternehmen seit rund 30 Jahren vorbildlich, indem es die bekannten Erkennungsmerkmale der jeweiligen Serie zitiert, neu interpretiert und ihren Handlungsradius konsequent vergrößert. Auf diese Weise bindet Nintendo ein über Generationen hinweg treues Publikum an sich, das neue, kleine Nintendo-Fans großzieht und die Firma zum einzigen Konsolen-Hersteller macht, der seine Systeme auch dann noch verkaufen kann, wenn der Rest der Branche ihm den Rücken kehrt.

Nachdem im August das possierliche „Pikmin 3“ den Anfang gemacht hat und für das Weihnachtsgeschäft neue Abenteuer von Mario und Donkey Kong anstehen, will man die Wartezeit nun mit einem „Zelda“-Spiel füllen. Weil das nächste Abenteuer aber erst 2014 fertig wird, soll eine für HD-Fernseher optimierte Neuauflage des bereits bekannten „Wind Waker“ die Lücke füllen, das vor zehn Jahren für den eher glücklosen Wii-Vorgänger Gamecube erschien. Doch die Notlösung entpuppt sich als Glücksgriff für Gamer.

ZELDAHafenstadt

Verkanntes Meisterwerk

„The Legend of Zelda: The Wind Waker“ gehört bis heute zu den eher unbeliebteren Werken der Nintendo-Ära. Der ungewöhnliche Cel-Shading-Look, der an eine Art 3D-Cartoon erinnert, war bei vielen Fans nie sonderlich beliebt. Auch die Rückkehr zu einem kindlichen Alter Ego erschwerte es vielen Fans, sich im selben Maße in die herbeigesehnte Fortsetzung zu verlieben wie in ihre Vorgänger. Zudem monierten viele Spielekritiker den Einsatz von serienuntypischen Elementen wie ausschweifenden Seereisen.

Zehn Jahre später wird klar, dass man dem bei seinem ersten Erscheinen teils harsch kritisierten Comic-Elfen Unrecht getan hat: Mit der HD-Neuauflage möchte Nintendo zwar in erster Linie dafür sorgen, dass die derzeit wenig erfolgreiche Wii U so schnell wie möglich ihr eigenes „Zelda“ bekommt, das bekanntlich immer die Kassen klingeln lässt. Doch der positive Nebeneffekt des Remakes ist die längst überfällige Würdigung eines verkannten Meisterwerks.

Haben sich viele Fans 2003 noch über den Grafikstil des Abenteuers beklagt, so macht genau dieser individuelle Zeichentrick-Look mit seinen reduzierten Formen den „Wind Waker“ zur ersten Wahl für eine HD-Neugeburt: Verzeiht man dem Spiel die eine oder andere allzu detailarme Umgebung, dann sieht man ihm sein fortgeschrittenes Alter kaum an. Charaktere, Effekte, Gegner und Boss-Monster stellen in ihrer dezent überarbeiteten Fassung so manch aktuellen 3D-Konkurrenten locker in den Schatten und kommen sogar mit der modernen künstlichen „Überbeleuchtung“ daher, die aus Link einen wunderbar weichen „Strahlemann“ macht. So muss zeitloses Design aussehen!

Beeindruckendes Rätsel-Monster

Spielerisch zeigt sich „Wind Waker“ mittlerweile ebenfalls als wichtiges Bindeglied zwischen der Generation „Ocarina of Time“, einem Meilenstein der Videospielgeschichte, und den neueren „Zelda“-Episoden. „Wind Waker“ konnte sich den Luxus erlauben, mit der inzwischen etablierten 3D-Praktik zu spielen und mit ihr neue Gameplay-Untiefen auszuloten: Link war wendiger, flinker, angriffslustiger und imstande, es blitzschnell auch mit mehreren Gegnern gleichzeitig aufzunehmen.

Außerdem wurden Utensilien wie Bumerang, Bogen oder ein Schwebeblatt so locker und beschwingt ins Rätseldesign integriert, dass die neuen Dungeons mit ihren zahllosen Ebenen und gigantischen Hallen zu regelrechten Knobel-Kolossen mit glaubwürdiger Physik heranwuchsen. Mit Wasserbehältern auf Lava-Seen begehbare Felder formen, um dann auf ihrer Oberfläche von einer Magma-Fontäne ins nächste Stockwerk gepustet zu werden – das ist mindestens genauso eindrucksvoll wie die Erforschung von Meeren an Bord eines sprechenden Bootes, das heute wie damals mit seiner plastischen Gesichtsanimation verzückt.

Überhaupt wird Mimik in diesem „Zelda“ so groß geschrieben wie nie zuvor – und leider auch nie wieder danach: Grinsende, traurige, erstaunte oder wütende Gesichtsausdrücke wurden auf die Gesichtstextur der Comic-Figuren gepinselt, und sind deshalb zwar flach, aber auch ungewöhnlich ausdrucksstark. Hier wird einmal mehr klar, warum Nintendo 2003 den Comic-Look gewählt hat, denn glaubwürdig animierte 3D-Gesichter waren mit der damaligen Technik noch nicht möglich.

ZELDASchaetze

Außerdem hat sich „Wind Waker“ vor zehn Jahren erstmals getraut, zumindest während der ersten Stunden eine geradlinige und filmisch präsentierte Geschichte zu erzählen: Die Entführung von Links kleiner Schwester durch einen Riesenvogel, das Anheuern bei einer Piratenmannschaft und der anschließende, an Agenten-Abenteuer wie „Splinter Cell“ erinnernde Schleichgang durch die Festung des Bösewichts – all das ist so ungewöhnlich für die Serie, dass man sich damals schwer damit getan hat. Doch heute wirken diese Fremdeinflüsse in der so sehr um Wurzelpflege bemühten Reihe angenehm frisch.

Ein wichtiges Stück digitale Vergangenheit

Eine wundervoll intuitive Kartenfunktion und ein komfortables Ausrüstungsmenü verhelfen schließlich auch dem Gamepad-Touchscreen der Wii U zu einem würdigen Auftritt – ebenso wie dem Gyroskop, das den Controller bewegungsempfindlich macht: Mit seiner Hilfe darf man sich komfortabel aus der Ich-Perspektive umschauen oder mit Fernkampfwaffen wie dem Bumerang zielen.

Bleibt nur zu wünschen, dass die Neuveröffentlichung eine ähnliche Zugkraft hat wie die Neuauflage von „Ocarina of Time“ für Nintendos Handheld-Konsole 3DS vor zwei Jahren. Die konnte zusammen mit einem neuen Mario-Jump&Run und dem Rennspiel „Mario Kart“ für den damals ebenfalls noch nicht sonderlich erfolgreichen 3DS das Ruder herumreißen. Ob dieselbe Taktik bei der Wii U noch mal aufgeht? Zu hoffen wäre es: Denn in einer Zeit, in der Videospielkonsolen zunehmend an Identität verlieren und dem ursprünglich so leidenschaftlich bekämpften PC immer ähnlicher werden, da wirkt Nintendos zutiefst traditionalistisches Konzept fast schon wie ein Fenster in die Vergangenheit. Ein Fenster, das man nicht schließen will, weil man sonst ein wichtiges Stück der digitalen Vergangenheit aussperrt. Klarer Fall: Dieses HD-Remake lohnt sich!

The Legend of Zelda: The Wind Waker HD

Hersteller/Vertrieb Nintendo
Genre Action-Adventure
Plattform Nintendo Wii U
Preis 55 Euro
Altersfreigabe ab 6 Jahren
Die "Zelda"-Reihe Der spitzohrige Protagonist Link ist bei Gamern ähnlich bekannt wie Hüpfspiel-Legende Mario und ebenso wie der springfidele Klempner ein Paradebeispiel dafür, wie Nintendo seine Serien immer wieder neu erfindet, ohne dabei ihre Wurzeln zu verleugnen: Seit seinem ersten Auftritt 1986 auf der 8-Bit-Konsole NES verdrischt der kleine Elf in der Fantasy-Welt Hyrule mit seinem seinem "Meister"-Schwert dieselben Monster, sammelt Rubine, Schlüssel und Herz-Container, sucht die Macht des magischen Triforce und legt sich mit Oberbösewicht Ganon beziehungsweise Ganondorf an. Dazu spielen noch immer einige derselben Melodien auf, die Links erstes Abenteuer vor 29 Jahren musikalisch begleitet haben. Die größten Wendepunkte der Reihe waren das 1991 erschienene "A Link to the Past", mit dem Nintendo das moderne Action-Adventure erfand, sowie "Ocarina of Time" für das N64 von 1998, mit dem man das noch heutige gängige gängige Regelwerk für 3D-Adventures absteckte.

Die „Zelda“-Reihe
Der spitzohrige Protagonist Link ist bei Gamern ähnlich bekannt wie Hüpfspiel-Legende Mario und ebenso wie der springfidele Klempner ein Paradebeispiel dafür, wie Nintendo seine Serien immer wieder neu erfindet, ohne dabei ihre Wurzeln zu verleugnen: Seit seinem ersten Auftritt 1986 auf der 8-Bit-Konsole NES verdrischt der kleine Elf in der Fantasy Welt Hyrule mit seinem seinem „Meister“-Schwert dieselben Monster, sammelt Rubine, Schlüssel und Herz-Container, sucht die Macht des magischen Triforce und legt sich mit Oberbösewicht Ganon beziehungsweise Ganondorf an. Dazu spielen noch immer einige derselben Melodien auf, die Links erstes Abenteuer vor 29 Jahren musikalisch begleitet haben
Die größten Wendepunkte der Reihe waren das 1991 erschienene „A Link to the Past“, mit dem Nintendo das moderne Action-Adventure erfand, sowie „Ocarina of Time“ für das N64 von 1998, mit dem man das noch heutige gängige gängige Regelwerk für 3D-Adventures absteckte.

Erschienen am 04. Oktober 2013 bei stern.de.