„Jagged Alliance – Flashback“: Vergangenheitstrip ohne Seele

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Der König der Rundenstrategiespiele ist zurück: „Jagged Alliance – Flashback“ möchte an die Größe seiner legendären Vorgänger anknüpfen. Der Test.

Von Andreas Altenheimer und Benedikt Plass-Fleßenkämper

Irgendwo mitten in der Karibik: Die Insel San Hermanos steht unter der Kontrolle von „Der Prinz“, einem gnadenlosen Waffenhändler. Sie übernehmen im Taktikspiel „Jagged Alliance – Flashback“ die Leitung mehrerer Söldner, um die Insel zu erobern und für die Freiheit der Zivilbevölkerung zu kämpfen.

Zug um Zug

„Jagged Alliance – Flashback“ ist ein klassisches PC-Strategiespiel: Zunächst bewegen Sie Ihre bis zu sechs Mann starken Truppen auf einer groben Übersichtskarte von Sektor zu Sektor, bis Sie auf ein Gebiet mit feindlichen Soldaten stoßen. Das Spiel wechselt in eine Nahansicht, woraufhin sich die Männer einzeln steuern lassen. Sobald der erste von ihnen Sichtkontakt mit dem Gegner hat, beginnt das eigentliche Gefecht. Jeder Söldner besitzt fortan eine feste Anzahl von Aktionspunkten, die beim Laufen oder beim Schießen verbraucht werden. Sind keine Punkte mehr übrig, dann müssen Sie Ihren Zug beenden und abwarten, wie der Gegner reagiert.

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Flache Geschichte

Eher selten treffen sie auf friedliche Gesprächspartner, die Ihnen kleine Aufträge erteilen und für die Sie ebenfalls meist zu irgendeinem Sektor reisen müssen. Allgemein hält sich das Spiel in Sachen Geschichte zurück und erzählt die wenigen Ereignisse in Form von lieblosen Texteinblendungen. Das ist insofern peinlich, weil selbst der 20 Jahre alte Erstling der „Jagged Alliance“-Serie in Sachen Plot-Tiefgang mehr zu bieten hatte.

Viele Elemente, wenig Tiefe

Dafür wird das Wörtchen Taktik groß geschrieben: Jeder Söldner besitzt wie in einem Rollenspiel Charakterwerte, die ihm individuelle Fähigkeiten bescheinigen. Während der eine gut mit Sprengstoff hantiert, ist der andere bestens geeignet für den Einsatz von Schusswaffen. Zudem können Sie bei jedem Angriff entweder auf den Kopf, die Brust oder die Beine Ihres Gegners zielen.

In jedem Sektor gibt es zahlreiche Häuserwände, Kisten oder Bäume, die Schutz vor dem Feindfeuer bieten. Entsprechend wichtig ist die taktisch kluge Positionierung Ihrer Söldner, die aufgrund ihrer begrenzten Ausdauer regelmäßig Ruhepausen benötigen. Zu guter Letzt beeinflussen unterschiedliche Tageszeiten und verschiedene Wetterbedingungen die Übersicht auf dem Schlachtfeld.

Spannungsarme Schlachten

Leider laufen die meisten Kämpfe nach dem gleichen Schema ab: Man pirscht sich an, verteilt seine Leute und absolviert ein Feuergefecht nach dem anderen. Schwieriger wird das Spiel nur aufgrund der immer größer werdenden Anzahl an Gegnern. Abwechslung in Form von besonderen Ereignissen, originellen Schauplätzen oder interessanten Endbossen gibt es nicht.

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Der Spieleinstieg wirkt trocken, fällt aber unterm Strich erfreulich leicht und zugänglich aus. Dafür werden einige Details nur unzureichend erklärt und so manche Informationen gar völlig verschwiegen. So können Sie zum Beispiel nirgends den Munitionstyp einer Waffe herauslesen, wenn diese nicht bereits geladen ist.

Unausgereifter Flashback

Allgemein wirkt „Jagged Alliance – Flashback“ aufgrund kleiner Bugs und großer KI-Aussetzer unfertig. Einmal agieren die Gegner erfreulich clever und positionieren sich geschickt, ein andermal laufen sie planlos herum und stellen sich mitten in Ihre Schusslinie, ohne selbst anzugreifen. All das verwirrt umso mehr, wenn Sie in späteren Gefechten bis zu eine Minute auf solch unsinnige Reaktionen warten müssen.

Der Umfang begeistert ebenso wenig, das Spielgebiet hinterlässt im Vergleich zum legendären zweiten Serienteil einen kümmerlichen Eindruck. Auf lange Sicht sollen Mods für Abhilfe schaffen, sprich: von den Spielern generierte Missionen und Zusätze, die „Jagged Alliance – Flashback“ am Leben erhalten. Aber das ist Zukunftsmusik, was den Käufern der derzeit im Laden stehenden Version wenig hilft.

Fazit: Jagged Alliance – Flashback

Die Taktik-Schieberei macht kurzfristig Spaß und dürfte spontan Liebhaber des Genres ansprechen. Auf Dauer aber fehlt es an Abwechslung und einer brauchbaren K.I., weshalb der Titel nur für hartgesottene Fans der Serie zu empfehlen ist.

Testnote:

befriedigend
3,05
+
  • Komplexe, aber leicht erlernbare Steuerung
  • Klassisches Kampfsystem
  • Bewährte Mischung aus Strategie- und Rollenspielelementen
  • Konfuse Ki
  • Wenig abwechslungsreich
  • Lieblose Präsentation
  • Schwache Geschichte
Erschienen am 22. Oktober 2014 bei COMPUTER BILD SPIELE.