Bugs im Fadenkreuz: Qualitätskontrolle bei Videospielen
Abstürze, Blocker, Day-One-Patches – schlampig programmierte Spiel sind ein Ärgernis für den Konsumenten. Aber wie funktioniert die Qualitätskontrolle bei Videospielen eigentlich?
Von Olaf Bleich und Benedikt Plass-Fleßenkämper
Programmfehler – im Spieler-Jargon vor allem als „Bugs“ bekannt – kennt jeder. Es ist eine traurige Tatsache, dass kaum ein aktueller Titel mehr fehlerfrei auf den Markt kommt. Einige Macken sind unfreiwillig komisch, zum Beispiel die sich küssenden und kuschelnden Kicker aus FIFA 13 oder ein hereinstürmendes Sondereinsatzkommando in Grand Theft Auto 5. Doch irgendwann hört der Spaß auf. Nämlich genau dann, wenn das Spielerlebnis unter den Fehlern leidet und das Programm im schlimmsten Fall sogar unspielbar wird.
Triple-A-Desaster bei Ubisoft
Assassin’s Creed: Unity sorgte Ende vergangenen Jahres für einen Aufschrei. Derart viele, schwerwiegende Fehler kamen selten in einem so großen Spiel vor. Titelheld Arno fiel gelegentlich durch die Spielwelt, Gesichtstexturen fehlten, Ruckler machten Kämpfe zur Diashow. Die Community lief bei Ubisoft Sturm. Der französische Spielehersteller betrieb schließlich Schadensbegrenzung, richtete ein offizielles Fehler-Blog ein und verschenkte im Januar die eigentlich kostenpflichtige DLC-Episode Dead Kings oder spendierte Käufern des Season-Pass sogar eine Vollversion aus dem Publisher-Portfolio.
Trotzdem steht die Qualitätskontrolle bei Spieleentwicklern besonders unter Beobachtung. Aber was machen Mitarbeiter der so genannten QA – auf Deutsch Quality Assurance – eigentlich? Roman Eich leitet die interne QA des Wormser Publishers Kalypso Media und ist gemeinsam mit seinen drei Kollegen der Jäger des verlorenen Bugs in Spielen wie Tropico 5, Dungeons 2 und Grand Ages: Medieval.
Der Stress beginnt
Roman arbeitete zuvor bei Topware als Technical Director und wechselte 2013 zu Kalypso, um dort die QA-Abteilung aufzubauen. Er erinnert sich an die Anfänge: „Wir starteten damals erst mal mit Praktikanten. Die bekamen Jahresverträge. Damit hatten wir die Gelegenheit, ihre Arbeit kennenzulernen und einzuschätzen. Danach haben wir sie dann fest angestellt.“ Ein Tester benötigt neben einer Engelsgeduld und einer gewissen Zähigkeit vor allem technisches Verständnis und gute Englischkenntnisse. Denn man steht häufig mit Entwicklerstudios im Ausland in Kontakt und muss den Kollegen die gefundenen Fehler natürlich auch eindeutig und mit sicherem Englisch mitteilen.
Überraschenderweise ist die Qualitätssicherung oftmals schon früh an der Mitarbeit eines neuen Projekts beteiligt. „Wenn es einen Prototypen gibt, steigen wir ein. Ansonsten natürlich, sobald etwas Spielbares da ist. Dort liefern wir dann keinen echten Bug-Report, sondern lediglich unser Feedback. Bei einer frühen Alpha lohnt sich der Aufwand nicht. Vielmehr vermitteln wir einen ersten Eindruck über die Features. Was gefällt uns? Was gefällt uns nicht? Wir machen auch konkrete Vorschläge, was man verbessern könnte“, erklärt Roman im Gespräch.
Wie viel letztlich von den Vorschlägen und Ideen der Tester übernommen wird, hängt selbstverständlich ganz von dem Entwicklerteam selbst ab. Eine gesunde Zusammenarbeit basiert darauf, Meinungen zu akzeptieren und deren Qualität zu evaluieren. Laut Roman wurden bei den letzten Projekten rund 80 Prozent der Vorschläge auch im fertigen Spiel umgesetzt. Das Testing ist also weit mehr als nur die Suche nach Fehlern, sondern hat auch durchaus etwas mit der konkreten Spieleentwicklung zu tun.
Das Ganze noch einmal
Im Falle von Kalypso setzt das Team aber bei der Qualitätssicherung nicht nur auf interne Kräfte, externe Experten werden ebenfalls eingekauft. Dies hat gleich mehrere Vorteile: Es verhindert Betriebsblindheit. Selbst wenn die Crew um Roman Eich häufig mehrere Spiele gleichzeitig betreut und dadurch viel Abwechslung den Arbeitsalltag dominiert, so sind Einflüsse von außen immer wichtig. Je mehr Augen, desto besser. Außerdem hat ein vergleichsweise kleines Unternehmen wie Kalypso nur begrenzte Hardware-Möglichkeiten. Besonders bei PC-Spielen existiert eine schier unendliche Anzahl von Hardware-Kombinationen, die möglichst mit dem Spiel getestet werden wollen.
„Probleme sind in diesem Bereich kaum abfangbar. Es gibt immer extrem exotische Kombination von Hardware-Komponenten, auf denen es zu Schwierigkeiten kommt. Das fängt an bei den Unterschieden zwischen ATI und Geforce an. Die Hardware ist für uns deshalb nicht die Hauptaufgabe. Wir verfügen hier nicht über ein Riesen-Hardware-Arsenal. Deshalb geben wir das in ein externes Testing, das zwischen 200 bis 300 Systemen zur Verfügung hat“, führt Roman diesen Punkt aus.
Der vollständige Artikel ist am 17. Februar 2015 bei gamona erschienen.