„Kingdom Come: Deliverance“ im Test: Prost, Heinrich!

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Rollenspiel mal anders: „Kingdom Come: Deliverance“ entfaltet einen wunderbaren Mittelalter-Charme. Die Kämpfe, die der Spieler bestehen muss, sind nicht die eigentlichen Highlights.

Von Olaf Bleich und Benedikt Plass-Fleßenkämper

Böhmen im Jahr 1403: Der junge Heinrich hält seinen Bogen mit zittrigen Händen. Der Sohn eines Schmieds genoss ein beschauliches Leben in seinem Heimatdorf Skalitz, bis ein Söldnerheer die Siedlung niederbrannte und seine Familie tötete. Jetzt dient Heinrich dem Herrn der Nachbarstadt Rattay als Wache und schlägt sich mit Banditen in einem abgelegenen Waldgebiet herum. Beim Anlegen von Pfeil und Bogen keucht er kurz auf; es fällt ihm schwer, den Bogen ruhig zu halten. Er bricht den Schuss ab.

Ein Schnaps wäre jetzt genau das Richtige! Nicht für Heinrichs Nerven, sondern zum Abspeichern: Im Mittelalter-Rollenspiel „Kingdom Come: Deliverance“fehlt die in Spielen weit verbreitete „Quicksave“-Funktion – hier sichert man seinen Spielstand, indem der Protagonist einen Kurzen kippt. Und dieser ist für den armen Jungen leider meist viel zu teuer.

Die Warhorse Studios erschaffen in ihrem über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter finanzierten Erstlingswerk eine authentische und gleichermaßen stimmungsvolle offene Spielwelt. Sie legen dem ambitionierten Abenteurer aber auch immer wieder Steine in den Weg.

Schön und knifflig

Anders als die Macher von Rollenspielen wie „The Witcher 3: Wild Hunt“, „Elex“oder „The Elder Scrolls V: Skyrim“ setzt der in Prag ansässige Entwickler bewusst auf ein vergleichsweise realistisches Szenario und baut das mittelalterliche Böhmen auf Basis der leistungsstarken CryEngine nach. So schön Wälder, Wiesen und Dörfer jedoch auch anmuten, so knifflig spielt sich „Kingdom Come: Deliverance“ an vielen Stellen.

„Kingdom Come: Deliverance“

Heinrich ist kein Hexenmeister, Auserwählter oder Superheld, er ist ein einfacher Junge mit menschlichen Bedürfnissen. Nimmt er auf seinen langen Reisen keine Nahrung zu sich oder wird in Kämpfen verletzt, büßt er an Stärke und Ausdauer ein. Wäscht er sich nicht, rümpfen adelige Gesprächspartner die Nase und wollen nichts mit ihm zu tun haben.

Selbst das Knacken von Schlössern, das Schärfen von Schwertern oder Taschendiebstahl werden in „Kingdom Come: Deliverance“ dank Geschicklichkeitsübungen zur Wissenschaft. Gleiches gilt für die an das Actionspiel „For Honor“ erinnernden Kämpfe aus der Ego-Perspektive, die dem Spieler das Blocken und Anvisieren mit der wackligen Kameraführung erschweren. Wirklich Freude machen die Auseinandersetzungen nicht.

Der vollständige Artikel mit Klickstrecke ist am 18. Februar 2018 bei Spiegel Online erschienen.