Kuriose Gamer-Basteleien: Von Lego-Kreationen, Selfmade-Konsolen und Waffen-Nachbauten

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Längst sind die Klischees vom Gamer, der stundenlang in der abgedunkelten Zockerbude vor dem Rechner sitzt und sich vorwiegend von Pizza ernährt, widerlegt. So kreativ sind leidenschaftliche Spieler wirklich.

Von Sven Wernicke/bpf 

Super Mario Bros., Crysis, Team Fortress 2, The Legend of Zelda und viele andere Spiele sind es, die uns unterhalten, Freude bereiten, uns zu Diskussionen verleiten und dafür sorgen, dass wir unser Hobby lieben. Und sie regen die Fantasie an. So sehr, dass daraus teils äußerst skurrile Erfindungen entstehen können. Eine Grenze scheint es hier nicht zu geben: Bastelfreunde entwerfen neue Spielkonsolen, kreieren mit LEGO die witzigsten Konstruktionen oder bauen echte Laser-Waffen, basierend auf fiktiven Wummen aus Spielwelten. Woher kommt dieser Einfallsreichtum? Liegt es an den Spielen und den Konsolen, mit denen wir uns intensiv beschäftigen? Sind sie etwa die Basis, um unsere Fantasie auszuleben? Dank 3D-Druckern, Baukästen, LEGO-Steinen und Anleitungen im Internet ist es aber auch einfacher als je zuvor, eigene Visionen lebendig werden zu lassen und Freunde zu beeindrucken.

Bauklötze staunen

Seit Ende der 1940er-Jahre beglückt der dänische Hersteller LEGO in erster Linie die Kleinen mit seinen Plastiksteinchen. Längst eroberten diese nicht nur die weltweiten Kinderzimmer, auch Erwachsene versuchen sich gerade in den letzten Jahren an spektakulären, einfallsreichen und schrägen Bauwerken. Das hat sicherlich viele Gründe. Zum einen ist es eine Leichtigkeit und motivierend, die Klötze zusammenzustecken und so etwas Neues entstehen zu lassen. Zum anderen haben mit der Modellreihe LEGO Mindstorms elektronische Bauteile sowie Robotik Einzug in die farbenfrohe Bauklotzwelt gehalten. Geschicktes Marketing, Product Placement und das Erschließen neuer Zielgruppen – beispielsweise durch die zahlreichen Computer- und Videospiele mit LEGO – tun ihr Übriges, um das Interesse von Groß und Klein gleichermaßen zu wecken. Durch die stetig wachsende Community wurden Bausätze wie LEGO Die Simpsons oder LEGO Zurück in die Zukunft überhaupt erst möglich.

Hingucker: Ein Game Boy verwandelt sich in einen Transformer – und umgekehrt. Eine Schöpfung, die "Baron von Brunk" bekannt machte. (Quelle: Julius von Brunk)

Hingucker: Ein Game Boy verwandelt sich in einen Transformer– und umgekehrt. Eine Schöpfung, die „Baron von Brunk“ bekannt machte. (Quelle: Julius von Brunk)

Der Weg vom Videospiel zum LEGO-Baukasten ist ein kurzer, wie Nick Jensen zeigt. Der 20-jährige Student ist begeisterter Xbox-360- Spieler und ein bekennender AFOL. Letzteres steht für „Adult Fan of LEGO“ – er ist also ein erwachsener Anhänger der bunten Steinchen. Die verwendet er, um neben seiner Ausbildung und dem Job im Familienbetrieb Gerätschaften aus seinen Lieblingsspielen nachzubauen. Es fing unter anderem mit dem Warthog aus Halo an, ging über den Hornet-Flieger aus Halo 3 und führt ihn zu dem gewaltigen Atlas Titan aus Titanfall. Nicht weniger unterhaltsam sind seine Plasma-Granaten wie das Omni-Blade aus Mass Effect 3 oder gar die Nachbauten diverser Szenarien aus Super Smash Bros. Im Laufe der Zeit wurden seine Werke sichtlich komplexer: Aus kleinen, einfachen Projekten sind längst monströse Waffen wie die EVA-8 Shotgun aus Titanfall im Maßstab 1:1 geworden. Nick Brick, so wie er sich selbst nennt, setzt das um, was er besonders liebt.

Genauso geht es dem Kanadier Chris McVeigh. Der Autor, Illustrator und Fotograf hat ebenfalls LEGO als Leidenschaft auserkoren. Eigenen Aussagen zufolge verbringt er den Großteil seiner freien Zeit damit, Modelle zu designen und Anleitungen zu verfassen, die er auch auf seiner Webseite gratis anbietet. Sein Fokus liegt auf alten Spielkonsolen und Computern, die er mit LEGO enorm detailgetreu abbildet. Herzallerliebst sind aber auch seine eigenen Varianten des Nintendo Entertainment Systems, des Atari 2600 oder des legendären Brotkastens, dem C64. Einerseits verkauft er komplette Bausätze für Gelegenheitsbastler, andererseits können sich Experten fast alle Anleitungen als PDF gratis downloaden. Das ist der optimale Einstieg für LEGO-Neulinge.

Liebevoll: Halo 3-Hornet gefällt durch witzige Details. (Quelle: Nick Jensen)

Liebevoll: Halo 3-Hornet gefällt durch witzige Details. (Quelle: Nick Jensen)

Ähnlich uneigennützig gibt sich Julius von Brunk, der sich selbst gerne mit „Baron von Brunk“ vorstellt. Der New Yorker Künstler und Designer von Trikots für Sportclubs ist ein selbsternannter „LEGO-Maniac“, der das eine oder andere Schmuckstück auch in Form von Bauanleitungen bei instructables.com oder hackaday.com veröffentlicht – eine herrliche Super Mario Bros.-Lampe zum Beispiel. Er hat sich auf Retro-Videospiel Themen spezialisiert, die den Betrachter nicht selten in Staunen versetzen. Alleine das Luftschiff aus Super Mario Bros. 3 ist eine Augenweide. Ob Held Link aus The Legend of Zelda als Roboter oder ein alter Game Boy als Transformer – stets schwingt bei seinem Ideenreichtum eine Portion Humor mit. Nach all den Jahren bereitet es dem sympathischen Amerikaner unverändert viel Freude, an neuen Projekten zu werkeln, wofür sich LEGO perfekt eignet.

Sensationell: In das Luftschiff aus Super Mario Bros. 3 steckte „Baron von Brunk“ viele Wochen Arbeit. (Quelle: Julius von Brunk)

Sensationell: In das Luftschiff aus Super Mario Bros. 3 steckte „Baron von Brunk“ viele Wochen Arbeit. (Quelle: Julius von Brunk)

Dabei geht es dem 29-Jährigen längst nicht mehr um Spiele; die neueren Konsolen langweilen ihn sogar. Sein Herz schlägt für NES, Mega Drive, Super Nintendo oder den Game Boy. Und er möchte mit seinen Erfindungen der Öffentlichkeit sein Talent zeigen, denn er verfolgt ein großes Ziel: „Hoffentlich kann ich eines Tages für die LEGOGruppe neue Produkte gestalten“, so Brunk. In seinen Träumen ist er irgendwann ein professioneller Spielzeugdesigner. Wir drücken Julius die Daumen!

Der vollständige Artikel mit Interviews, Extrakästen und zahlreichen Fotos ist in Games Aktuell 08/2014 erschienen.