„Resident Evil HD Remaster“: Alter Horror in neuem Glanz

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Fast 20 Jahre alt und immer noch ein Grusel-Garant: Der Horrorklassiker „Resident Evil“ feiert ein gelungenes Comeback.

Von Benedikt Plass-Fleßenkämper

Es gibt Videospiele, die haben Geschichte geschrieben und ihr Genre maßgeblich geprägt. So auch der Survival-Horror-Hit „Resident Evil“ vom japanischen EntwicklerCapcom: Als der Titel 1996 für Sonys erste Playstation-Konsole erscheint (eine Umsetzung für Sega Saturn und PC folgt ein Jahr später), sind Millionen Spieler rund um den Globus von den Erlebnissen der Sondereinheit S.T.A.R.S. elektrisiert. Zwar hatten zuvor bereits die „Alone in the Dark“-Spiele den neuen Genre-Begriff „Survial Horror“ salonfähig gemacht, doch erst Resident Evil wurde zum Synonym für nervenzerfetzenden Zombie-Grusel und fiese Schockeffekte. Basierend auf dem im Jahr 2002 für Nintendos Gamecube veröffentlichten Remake feiert der Capcom-Klassiker eine glorreiche Rückkehr als Download-Spiel: „Resident Evil HD Remaster“ für PS3, PS4, Xbox 360, Xbox One und PC beweist eindrucksvoll, wie zeitlos gut der Horrorklassiker ist.

Rückkehr ins Horror-Herrenhaus

Die HD-Neuauflage setzt auf den Originalplot: In der Nähe der US-Kleinstadt Raccoon City geschehen mysteriöse Dinge. Es kommt vermehrt zu brutalen Morden, verstümmelte Leichen werden aufgefunden. Sind hier etwa Kannibalen am Werk? Die örtliche Polizei schickt die Bravo-Gruppe der hauseigenen Spezialeinheit S.T.A.R.S. (Special Tactics and Rescue Service) ins Krisengebiet in den Wäldern in der Nähe der Arklay Mountains. Doch kurz nach dem Eintreffen der Mannschaft reißt der Funkkontakt ab. Also muss das Alpha-Team – unter anderem bestehend aus den spielbaren Protagonisten Jill Valentine und Chris Redfield – ran, um den Vorfall aufzuklären.

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Die Ereignisse überschlagen sich: Gerade als die S.T.A.R.S.-Mitglieder den abgestürzten Helikopter der Bravo-Kollegen untersuchen wollen, werden sie von grausam entstellten Hunden angegriffen und müssen in das nahe gelegene Herrenhaus flüchten. Hier warten nicht nur weitere Bluthunde, sondern auch jede Menge Zombies und weitere Ekelgestalten auf die Polizisten. Schnell stellt sich heraus, dass die zwielichtige Umbrella Corporation etwas mit der Sache zu tun hat und ein Killervirus eine wichtige Rolle spielt. Ein Kampf um Leben und Tod beginnt… .

Inhaltlich leicht getunt

Resident Evil HD Remaster beinhaltet alles, was das Gamecube-Remake gegenüber dem Original verbesserte: Neue Handlungselemente, neue Spielabschnitte und kleine Gameplay-Änderungen, beispielsweise eine 180-Grad-Drehung der Spielfigur. Obendrein gibt es nun einen dritten, besonders leichten Schwierigkeitsgrad, und bei der Charakterauswahl zwischen Jill und Chris dürfen Sie aus klassischen oder modernen Outfits wählen. Zudem hat Capcom die Steuerung überarbeitet: Ihnen steht neben der Ur-Bedienung auch eine deutlich intuitivere Navigation mit Figurenbewegung in Richtung des Analogsticks zur Verfügung.

Altbekannt hingegen: Je nachdem, für welche Spielfigur man sich entscheidet, spielt sich Resident Evil HD Remaster etwas anders. Während Chris robuster ist und als Schusswaffenspezialist glänzt, gilt Jill als bessere Rätsel- und Schlossknackerin. Sie hat außerdem acht anstatt sechs Inventarplätze sowie einen Dietrich – das macht die weibliche Variante zur besseren Wahl für Neulinge.

Im HD-Zeitalter angekommen

Den Untertitel „HD Remaster“ trägt das Resident Evil-Comeback zurecht. Der Oldie erstrahlt auf den aktuellen Konsolen und dem PC erstmals in voller 1080p-Auflösung von 1920 mal 1080 Bildpunkten. Besitzer von PS3 und Xbox 360 müssen mit 720p Vorlieb nehmen. Schön für Neunzigerjahre-Nostalgiker: Neben dem 16:9-Breitbildformat wird auch das ursprüngliche 4:3-Format angeboten. Etwas schade jedoch, dass das Spiel lediglich mit 30 Bildern pro Sekunde läuft – zumindest auf den High-End-Plattformen hätte man eine 60er-Framerate erwartet. Allen Fassungen gemein sind die Unterstützung von 5.1-Soundsystemen, neue Charaktermodelle, schärfere Texturen und eine erhöhte Detaildichte.

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Zwar fallen hin und wieder die etwas ungelenk wirkenden Bewegungen der Figuren, die scheinbar aus der Gamecube-Version übernommen wurden, sowie einige pixelig wirkende Objektoberflächen negativ auf. Trotzdem hinterlässt der Survival-Schocker grafisch einen stimmigen Gesamteindruck. Vor allem das stilvolle Design des Herrenhauses mit seinem antiken Mobiliar sorgt im Zusammenspiel mit schaurig-schönen Lichteffekten für eine großartige Atmosphäre. Im späteren Spielverlauf des etwa zehn Stunden bis 15 Stunden langen Horrorabenteuers erforschen Sie auch noch eine unterirdische Anlage und Laboratorien, die ebenfalls stimmungsvoll inszeniert sind.

Früher war alles… schwerer

Anno 1996 haben die Entwickler den Spielern deutlich mehr zugetraut. Das merkt man Resident Evil HD Remaster an, hier wird Ihnen nichts geschenkt. Beispiele gefällig? Ihren Spielstand können Sie wie gehabt nur an Schreibmaschinen sichern, wofür Sie allerdings wiederum Farbbänder benötigen, die genau so knapp bemessen sind wie Munition für Waffen, darunter Pistole, Schrotflinte oder Granatwerfer. Apropos Waffen: Um schießen zu können, darf sich die Spielfigur nicht bewegen. Die begrenzen Inventarplätze haben wir bereits angesprochen – hier schaffen nur Truhen Abhilfe, in denen Sie aktuell nicht benötigte Objekte lagern können.

Des weiteren sind einige der Rätsel durchaus knackig. Da hilft nur sorgfältiges Abklappern der Schauplätze, munteres Objekte-Verschieben und Lesen aller Hinweise sowie Um-die-Ecke-Denken. Schnell wird die Übersichtskarte Ihr bester Freund, zeigt Sie Ihnen doch noch unerforschte Räume und verschlossene Türen an. Auf des Rätsels Lösung muss man in Resident Evil jedoch stets selbst kommen – ungeduldige Naturen könnten hier schnell die Nerven verlieren.

Die volle Klassiker-Dosis

Wer Resident Evil früher bereits gespielt und geliebt hat, der wird auch in der Remaster-Version wieder diesem ganz besonderen Spielgefühl des Capcom-Werks verfallen. Die ständige Ressourcen-Knappheit und das ungute Gefühl, dass hier böse Mächte völlig außer Kontrolle geraten sind, erzeugen Hochspannung und Herzklopfen.

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Öffnet man eine Tür und betritt einen neuen Raum, setzt nach wie vor die legendäre, kurze Ladesequenz nebst Tür-Animation ein, was die Dramatik noch erhöht. Was sich wohl dahinter befindet? Hoffentlich nicht gerade dann ein nach Hirn dürstender Zombie, wenn die Lebensanzeige mal wieder auf Sparflamme köchelt und man gerade weder Heilkräuter noch Erste-Hilfe-Spray im Inventar hat, um sich zu verarzten. Und geht Ihnen gerade dann die Munition aus, wenn Ihnen der fiese Tyrant an die Gurgel will, schrillen sämtliche Alarmglocken! Resident Evil HD Remaster ist Survial Horror in seiner reinsten Form und macht dabei keine Kompromisse.

Was uns gefällt

Das klassische Gameplay funktioniert auch heute noch erstklassig. Die gelungene Mischung aus Action und Puzzles hält den Spieler ebenso auf Trab wie die dichte Atmosphäre, die zahlreichen Zombies, Monstermutationen und Schock-Momente. Neben der sehr soliden Technik überzeugt die bedrohliche Soundkulisse samt spärlich eingesetzter, aber stets passender Musik. Dank unterschiedlicher Endsequenzen besitzt „Resident Evil HD Remaster“ einen hohen Wiederspielwert.

Was uns nicht gefällt

Das langsame Spieltempo dürfte nicht jedermanns Geschmack sein, auch die Steuerung ist trotz der Generalüberholung stellenweise immer noch arg unhandlich. Nicht selten muss man bereits besuchte Orte mehrere Male betreten – das kann nerven. Charakterzeichnung und Story wirken mittlerweile veraltet.

Fazit

Ob Veteran oder Neueinsteiger, die HD-Wiedergeburt von Resident Evil ist eine fantastische Gelegenheit, einen der ganz großen Klassiker der Videospielgeschichte noch einmal zu genießen. Zwar hat sich Capcom vor allem auf die Überarbeitung von Technik und Steuerung beschränkt, doch das reicht aus, um Horror-Liebhaber auch fast 20 Jahre nach dem Original immer noch zu begeistern. Wer mit dem „Old School“-Ansatz, dem eher gemächlichen Spieltempo und teils knackigen Kopfnüssen kein Problem hat, der wird nicht eher ruhen, bis alle Geheimnisse gelöst und sämtliche Feinde besiegt sind. Unbedingte Kaufempfehlung, zumal der Preis von knapp 20 Euro äußerst fair bemessen ist.

Infos zum Spiel:

Titel: Resident Evil HD Remaster
Genre:Survival Horror
Hersteller /Publisher: Capcom
Release-Termin: 20. Januar 2015
Preis: zirka 20 Euro
System: PC, PS3, PS4, Xbox 360, Xbox One
USK-Freigabe: Ab 18 Jahren
Wertung: Sehr gut

Erschienen am 19. Januar 2015 bei T-Online.