„Civilization 6“: Aufbau einer neuen Welt

t-online_kleinER

„Civilization 6“ bedeutet keinen Umbruch für die Rundenstrategiespiel-Serie, allerdings wagen Sid Meier und seine Kollegen durchaus einige lohnenswerte Veränderungen.

Von Olaf Bleich

Seit nunmehr 25 Jahren bauen Spieler ihre eigene Zivilisation auf, paktieren mit anderen Nationen, führen Krieg und tragen am Ende hoffentlich einen epischen Sieg davon. Die von Entwicklerlegende Sid Meier erdachte Strategiespiel-Reihe ist ein Phänomen und hat auch nach einem Vierteljahrhundert nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Der sechste Teil ist seit dem 21. Oktober 2016 für PC und mittlerweile auch für Mac erhältlich und setzt die Tradition gewohnt souverän fort.

Kluge Köpfe

An der Grundrezeptur von Sid Meier ändert sich im aktuellen Civilization-Ableger nichts: Man startet weiterhin mit einer von nunmehr 18 Fraktionen (plus eine weitere für Vorbesteller) und strebt sogleich nach der Weltherrschaft. Die Wahl eines passenden Anführers ist daher enorm wichtig. Sie beschert dem Spieler nämlich verschiedene Extras wie spezielle Einheiten und Distrikte, die gerade zu Beginn des Endlosspiels den Unterschied ausmachen können.

Wählen Sie beispielsweise Deutschland mit Kaiser Barbarossa, kämpfen Sie besonders effektiv gegen Stadtstaaten und bauen etwa den produktiven Hanse-Distrikt. Ferner sind die Deutschen emsig und können selbst bei kleiner Bevölkerungszahl einen Bonus-Distrikt anbauen. In puncto Schlachtführung setzen sie auf ein U-Boot, das gerade in tiefen Gewässern für Angst und Schrecken sorgt.

civilization03

Damit die Computergeneräle nicht zu berechenbar werden, erhalten sie zwei Agenden. Eine davon würfelt das Spiel stets zufällig aus. Wer diese herausfinden möchte, muss im späteren Verlauf Spione oder Diplomatie einsetzen. Letztlich sind die Grundsätze eine sehr passende Erweiterung der Anführer, die für mehr Tiefe und Persönlichkeit sorgt.

Städtebau für Fortgeschrittene

Kaum ist die Wahl der Startnation erledigt, landet man schon auf der nun deutlich hübscheren Weltkarte. Prima: Entwickler Firaxis Games hat viel Liebe in eine anschauliche und vor allem abwechslungsreiche Grafik im sympathischen Comic-Look investiert. Sandstrände werden gelegentlich mit Felsklippen aufgepeppt, und die Metropolen entwickeln sich gemäß dem aktuellen Entwicklungsstand auch optisch ständig weiter.

 Beim Städtebau müssen sich „Civ“-Veteranen indes umstellen. Denn mit dem Fortschritt breiten sich einstmals kleine Dörfer nun aus. In den sogenannten Distrikten platziert man nun gezielt Modernisierungen. Vom einfachen Bauernhof bis hin zu Theatern ist hier so gut wie alles möglich. Die sich ausbreitenden Ortschaften erfordern allerdings frühzeitiges Planen: Wo befinden sich die besten Ressourcen? Stört eine allzu große Stadt womöglich eine andere Nation? Und wo bringe ich am besten Weltwunder unter?

civilization05

Schließlich wären da auch noch die Distrikte. Die erweitern nicht nur das Hoheitsgebiet, sondern sind leider auch extrem anfällig für Überfälle von Barbaren oder verfeindeten Parteien. Die Schurken plündern Gebiete nämlich allzu gerne und hinterlassen dann ein Trümmerfeld. Entsprechend sollten Sie stets einige Armeen an der eigenen Stadtgrenze aufstellen anstatt nur im Zentrum.

Sieg des Geistes

In der ersten Spielstunde jeder Partie sind die diesmal etwas klüger als in den Vorgängerspielen agierenden Barbaren das größte Übel. Wer seine Hauptstadt nicht sichert, wird schnell von marodierenden Truppen genervt.

Während das Spiel in der Anfangsphase noch recht wenig Tiefgang bietet, entfaltet Civilization 6 im Lauf der Zeit seine volle Komplexität und Optionsfülle. Durch Forschen aktiviert man neue Technologien, Einheiten und Möglichkeiten. So legt man beispielsweise seine eigene Staatsform fest und ergänzt diese in einem etwas unübersichtlichen Spielkartensystem um zusätzliche Erlässe in den Bereichen Diplomatie, Wirtschaft und Militär. Beim Umgang mit anderen Staatsoberhäuptern ist wieder mehr Fingerspitzengefühl gefragt. Aufgrund der Agenda stellen Gandhi, Roosevelt und Co. schneller Forderungen und erklären Ihnen fix den Krieg, wenn ihnen etwas nicht passt.

Löblich, aber nicht optimal gelöst: Civilization 6 bietet beim Ausbau des eigenen Staatsapparats weitaus mehr Möglichkeiten als sein Vorgänger. Speziell der Forschungssektor protzt mit gewaltigem Umfang und gleich zwei Technologiebäumen jeweils für Natur- und Geisteswissenschaften. Allerdings versteckt das Spiel derartige Übersichten auch sehr gut. Wer sich wirklich tief in die Materie einarbeiten möchte, der muss sich mit teils fummelig kleinen Menüpunkten auseinandersetzen.

Der vollständige Artikel ist am 31. Oktober 2016 bei T-Online erschienen.