Die Sonnenfinsternis am 20. März könnte zum Stromnetz-Kollaps führen

WIRED

Wennn sich in Deutschland am 20. März 2015 um 9:37 Uhr der Mond vor die Sonne schiebt, erwartet uns nicht nur ein seltenes Naturschauspiel, sondern womöglich auch ein Zusammenbruch der Stromnetze:

Von Benedikt Plass-Fleßenkämper 

De weltweit größte Sonnenfinsternis der letzten 16 Jahre wird in Deutschland und Europa dafür sorgen, dass viele Photovoltaikanlagen ihren Dienst verweigern. Ob uns dadurch der Blackout droht, hängt nicht zuletzt von der Wetterlage ab.

Solarenergie wird in Deutschland immer wichtiger. „An sonnenreichen Tagen im Sommer kann Solarenergie bereits mehr als die Hälfte der Verbrauchsspitzen zur Mittagszeit decken“, schreibt die Agentur für erneuerbare Energien in Berlin. Prinzipiell eine positive Entwicklung, die den Netzbetreibern am Vormittag des 20. März diesen Jahres allerdings ernsthafte Probleme bereiten könnte. Wie der Verband europäischer Stromnetzbetreiber ENTSO-E warnt, könnten bei der Sonnenfinsternis an diesem Tag in ganz Europa zwischen 9:37 Uhr und 11:56 Uhr bis zu 35 Gigawatt schrittweise aus der Stromversorgung herausfallen.

Das würde „150 bis 200 konventionellen Kernkraftwerken mittlerer Größe“ entsprechen, schreibt der Verband. Allerdings wäre dies nur Fall, wenn am 20 März keine Wolken am Himmel zu sehen sind; die Solaranlagen würden dann binnen weniger Minuten dramatisch weniger Strom einspeisen, sobald der Mond sich vor die Sonne schiebt. Die Stabilität der Netze wäre gefährdet. Einen solchen abrupten Leistungsverlust könnten die für die Steuerung der Stromnetze zuständigen Zentralen kaum ausbalancieren.

Die Wissenschaftsjournalistin Maggie Koerth-Baker verdeutlicht in einem Blogeintrag anhand eines Beispiels, warum solche großen Veränderungen über einen kleinen Zeitraum die Stromnetze extrem belasten können. Sie vergleicht ein Stromnetz mit dem Strömungskanal in einem Erlebnisbad: Es sei keine Linie, sondern eine Schleife. Die Kraftwerke sind mit den Kunden verbunden, diese wiederum mit den Kraftwerken. Und das Stromnetz müsse, genau wie der Strömungskanal, innerhalb bestimmter Parameter betrieben werden: „Der Strom muss sich mit einer konstanten Geschwindigkeit bewegen, und er muss mit einer konstanten Tiefe (also Spannung) fließen“, schreibt Koerth-Baker.

„Um sicherzustellen, dass man konstantes Tempo und konstante Tiefe erhält, muss man auch eine nahezu perfekte Balance zwischen Angebot und Nachfrage halten, überall und zu jeder Zeit.“ Ein Ereignis wie die Sonnenfinsternis könne dieses Gleichgewicht außer Kraft setzen.

Der vollständige Artikel ist am 26. Februar 2015 bei WIRED erschienen.