„Elite: Dangerous“: Wirklich unendliche Weiten?

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Eine Legende kehrt zurück: „Elite: Dangerous“ fängt Flair und Spielgefühl des 80er-Jahre-Klassikers ein.

Von Michael Förtsch/bpf

Vor 30 Jahren schufen die britischen Spieledesigner David Braben und Ian Bell das Weltraumspiel „Elite“, das erstmals eine freie und erforschbare Umgebung mit Planeten, Raumstationen und Feinden bot. Satte 19 Jahre nach dem dritten Teil, unendlichen Appellen der Fans und einer erfolgreichen Spendenaktion zur Anschubfinanzierung via Kickstarter kommt nun der wahre Nachfolger: „Elite: Dangerous“ soll Ende des Jahres für den PC und einige Monate später für Macintosh erscheinen. Der Titel scheint nach einem ersten Anspielen seinem mythischen Urahn gerecht zu werden: Denn wie schon 1984 entlässt Sie die Weltraum-Simulation in gigantische Weiten voller Möglichkeiten und Gefahren. Doch das ist den Machern noch nicht genug.

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In einer Galaxis weit, weit entfernt

Die Ziele von Entwickler-Urgestein David Braben ehrgeizig zu nennen, wäre eine Untertreibung. Rund 400 Milliarden Sternensysteme mit Planeten in Realgröße soll der vierte Teil der „Elite“-Serie bieten. Zumindest ein Teil davon soll tatsächlich existierenden Sonnen, Monden und Planeten der Milchstraße nachempfunden sein. In der aktuell spielbaren Beta-1-Fassung gibt’s „lediglich 55 Sternensysteme“, doch bereits mit der Beta-2-Version sollen 500 weitere dazu kommen. „Auch wenn Elite: Dangerous erscheint, wird es nicht fertig sein“, erklärt der Spielemacher. „Wir werden es weiter vergrößern und ausbauen; wir wollen, dass es immer wieder etwas Neues gibt.“ Doch auch so ist die Weltraum-Simulation schon ein besonderes Erlebnis, die nicht von einer großen Story, sondern den Spielern leben soll. „Wir verwirklichen, was damals einfach nicht möglich war“, sagt der Brite erfreut. „Vieles, was in Elite: Dangerous wichtig ist, ist erst durch die heutige Rechenkraft moderner Systeme und vor allem das Internet erreichbar.“

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Unglaubliche Details

Es ist schon beeindruckend, wenn man mit seinem zu Beginn winzigen Gleiter langsam in eine gigantische Raumstation einschwebt, die nicht nur Rohre, Hangarbuchten und verankerte Transportcontainer, sondern auch winzige Rostflecken und Schrammen am Stahl erkennen lässt. Dabei blickt man stets ins plastische und durchdachte Cockpit, in dem nahezu jeder Schalter tatsächlich etwas steuert – egal, ob Schub, Schilde oder einen Greifarm. „Du kannst vieles kontrollieren“, versichert Braben. „Aber nicht lange, und der Spieler weiß intuitiv, was er tun muss.“ Dennoch: In größeren Kämpfen kann es hektisch werden. Waffen feuern, Schilde im Auge behalten und den Flug koordinieren, das ist eine kleine Herausforderung. Allerdings eine, die spektakuläre Bilder auf den Bildschirm zaubert: zuckende Laser und Railguns, blitzende Schilde umrahmt von Gaswolken und funkelnden Sternen. Wenn man aus vollem Flug einen Cobra-Gleiter zerstört und durch dessen flammende Überreste rast, erlebt man einen echten „Battlestar Galactica„-Moment! Herrlich anzuschauen und Bilder, wie man sie sich als Science-Fiction-Freund wünscht.

Für die Gemeinschaft

Kämpfe und Schlachten sind hier im Gegensatz zu manch anderer Weltraum-Simulation nur ein kleiner Teil des großen Ganzen: Entdecken, Handel betreiben, Aufträge erfüllen und die Gemeinschaft zelebrieren, das ist der Kern von „Elite: Dangerous“ – und das, was Sie im Spiel voranbringt. In Asteroidenfeldern suchen Sie nach Mineralien und anderen Rohstoffen, die sich weiterverkaufen lassen. Hol- und Bring-Aufträge führen Sie quer durch die Sternenwüste. Aufmerksame Spieler können in einem Sonnensystem spottbillig Metall kaufen, das am anderen Ende der Spielwelt gerade rar und entsprechend wertvoll ist. Für schnelle Fahrt sorgt dabei der Hyperraum-Abtrieb. Und sind in dem sich wandelnden Wirtschafts- und Machtgefüge der Föderation, der Allianz und des Imperiums gerade die Spannungen besonders groß, lässt sich auch mit Waffen Profit erwirtschaften. Zumindest, wenn man still und leise agiert: Mit minimalem Antrieb, ohne aktive Schild oder aktivierte Waffen geht’s auf Schleichfahrt – und mit kaum sichtbarer Hitzesignatur durch Konfliktgebiete. „Spannung wird nicht nur durch feuernde Laser erzeugt“, bestätigt Braben.

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„Eine lebendige Welt, in der fast alles möglich ist“

Mit erledigten Aufgaben und erarbeitetem Geld arbeitet sich nach und nach in der Galaxie hoch, kann sein kleines Startschiff, einen Sidewinder, aufrüsten, ausbauen oder gegen neue Kosmosgefährte tauschen. Dabei sollte man stets auf die eigene Spielweise achten: Verdingt man sich als Kopfgeldjäger oder Pirat, fasst man den Schlachtenkoloss Anaconda ins Auge. Will man hingegen forschen, handeln und schmuggeln, ist die pfeilschnelle Viper Mk III der richtige Raumer. Zumindest vorerst. „Wir arbeiten hart, um den Fuhrpark aufzustocken“, versichert Braben. Aus den derzeit acht verfügbaren Schiffen sollen über die Zeit einige Dutzend werden, die in Design und Eigenschaften so verschieden wie möglich ausfallen. „Elite: Dangerous soll auf die verschiedensten Arten spielbar sein“, erläutert Braben. „Wir wollen eine lebendige Welt, in der fast alles möglich ist.“ Obwohl mit Einzelspieler-Missionen ausgestattet, spielt sich „Elite: Dangerous“ in einer Online-Welt ab. Sie können auf Ihren Missionen auf andere Spieler treffen, mit ihnen kommunizieren, kämpfen, handeln und sich verbünden. Bekannte Spieler lassen sich immer wieder treffen.

Mein Schiff, meine Kanone, mein Planet

Laut Braben sei Entwickler Frontier noch nicht da, wo man hin will. Nach und nach würden die Spieler aber mehr und mehr Möglichkeiten und Einfluss auf die Welt bekommen, die ihnen zur Verfügung gestellt wird. So sollen sie auf Seite der drei Fraktionen Kriege ausfechten und dadurch auch das komplette Machtgefüge über den Haufen werfen können. Grundlegende Regeln könnten sich ändern, die Piraterie verbieten oder bestimmte Rohstoffe zur Schmuggelware machen. Zudem stehen noch Möglichkeiten an, die die Welt von „Elite: Dangerous“ erst richtig faszinierend machen würden. So sollen Spieler die Planeten, die sie bisher nur aus dem Orbit bewundern, besuchen können. Das heißt: Mit dem Schiff landen und aus der Ich-Ansicht erforschen. Man könnte durch Städte flanieren oder auf einem Wüstenplaneten herumstolpern. Die Unterstützung der Virtual-Reality-Brille Oculus Rift ist bereits integriert. „Unsere Ziele und Ambitionen sind groß“, beteuert Braben. „Wir müssen noch hart ranklotzen. Aber die Leute, die schon jetzt unsere Vorab-Fassungen spielen, machen uns Mut, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Was uns gefällt

Schon jetzt macht „Elite: Dangerous“ einen tollen Eindruck. Grafisch wirken Spielwelt, Schiffe und Himmelskörper imposant. Vor allem Raumstationen schweben als mächtige Konstrukte im All, lassen aber dennoch viele Details entdecken und vermitteln dadurch ein „Ich bin klein und alleine im großen Kosmos“-Gefühl. Der bombastische Sound erinnert an TV-Serien wie „Battlestar Galactica“ und „Firefly“. Die Steuerung braucht zwar etwas Einarbeitung, geht aber recht schnell ins Blut über. Aber nicht zuletzt bieten sich etliche Möglichkeiten, sich im All auszutoben, eigene Wege zu gehen und das Spiel ohne Zwang für sich selbst zu gestalten.

Was uns nicht gefällt

Viele Optionen, ein mächtiger Teil der Spielwelt und vor allem versprochene Gameplay-Möglichkeiten fehlen derzeit und werden das wohl auch zum angesetzten Erscheinungstermin noch tun. Plant man also jetzt in der Beta oder zum Start zuzuschlagen, sollte man Ausdauer beweisen, kann dem Spiel aber beim Wachsen zuschauen. Bewusst verzichtet „Elite: Dangerous“ auf eine übergreifende Story, die die Geschichte eines Helden erzählt, sondern wird lediglich Missions-Kampagnen mit verknüpften Aufgaben offerieren. Wer starke Charaktere, Heldenfiguren und Emotionen als Ansporn braucht, der könnte enttäuscht werden.

Fazit

Noch ist „Elite: Dangerous“ ein unfertiger Schiffskorpus in einer Raumkreuzerwerft. Jedoch einer, der schon Spaß und Freude bereitet. Denn tatsächlich können sich Spieler in dem kleinen Teil der Milchstraße austoben, wie schon seit Jahren nicht mehr. Kämpfe, Handel, Schmuggel – hier bietet „Dangerous“ Vielfalt und tolle Möglichkeiten, sich im virtuellen All selbst zu verwirklichen. Und was Entwickler David Braben und sein Team noch planen, das ist wahnsinnig ambitioniert und sollte diesen vierten Teil der „Elite“-Saga durchaus an den Pfad seines wegweisenden Urahnen anknüpfen lassen. Es wird spannend!

Infos zum Spiel

Titel: Elite: Dangerous
Genre: Weltraum-Simulation
Publisher/Hersteller: Frontier
Release-Termin: Ende 2014
Preis: zirka 60 Euro
System: PC, Mac
USK-Freigabe: Noch nicht bekannt
Eindruck: Sehr gut

Erschienen am 30. September 2014 bei T-Online.