Games-Verfilmungen: Videospiele erobern Hollywood

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„Warcraft“, „Assassin’s Creed“, „Angry Birds“: Immer mehr populäre Computerspiele werden verfilmt. Denn Spiele unterhalten nicht nur auf dem heimischen Bildschirm.

Von Benedikt Plass-Fleßenkämper

Werke wie E.T. the Extra-Terrestrial, Enter the Matrix oder Iron Man – The Video Game haben einst den schlechten Ruf von auf Filmen basierenden Videospielen begründet und dann immer wieder bestätigt. Blickt man allerdings auf die letzten Jahre, dann scheint der Drang Hollywoods und der Spieleindustrie abgeflacht zu sein, zu jedem potenziellen Kinohit ein passendes Pendant im Software-Format auf den Markt zu bringen. Ob Guardians of the Galaxy, Maze Runner: Die Auserwählten im Labyrinth oder Edge of Tomorrow – zu keinem dieser Leinwand-Blockbuster wurde ein Videospiel entwickelt, obwohl Spiele-Publisher damit sicherlich schnelles Geld verdient hätten.

Der Trend verkehrt sich sogar mehr und mehr ins Gegenteil: Immer mehr Videospielen werden künftig Filme folgen, die auf ihnen basieren. Das ist nicht nur ein Zeichen, dass Videospiele in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Es ist auch der kaum mehr zu übersehende Indikator für eine Machtverschiebung in der Medien- und Unterhaltungsindustrie.

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Aller Anfang war schwer

Digitale Spiele sind längst überall: Auf dem PC, der Heimkonsole, dem Handheld und dem Smartphone. Insgesamt, so Zahlen des niederländischen UnternehmensSpil Games, sollen Ende 2013 mehr als 1,2 Milliarden Menschen Videospiele gespielt haben.

Titel wie Destiny und Grand Theft Auto 5 erwirtschaften am Erscheinungstag mit über einer halben Milliarde US-Dollar mehr als mancher Actionstreifen über mehrere Monate. Und Games-Marken wie World of Warcraft, Halo oder Angry Birds sind so bekannt wie die Spider-Man-Filme oder der TV-Hit Game of Thrones. Spiele haben also ein breites Publikum erreicht, und ihre interaktiven Inhalte lassen sich zunehmend erfolgreich auf andere Medien übertragen. Allem voran auf die Kinoleinwand.

Das ist ein Prozess, der in den 1980er Jahren mit den Heimcomputern und Konsolen begann. Schon damals kam die Idee auf, Spiele-Fans auf einen zweiten Medienkanal zu locken. Das Ergebnis war der 1993 erschienene Film Super Mario Bros., eine trashig-groteske Interpretation der Videospiele rund um Nintendos Jump-and-Run-Ikone, der seine Produktionskosten nicht einmal zur Hälfte einspielte.

Leinwand-Trash mit Street Fighter

Weitere Versuche aus den Neunzigern scheiterten ebenfalls: Double Dragon,Street Fighter mit Jean-Claude Van Damme und die zwei Mortal-Kombat-Filme versuchten erfolglos, die Kampf-Action damaliger Beat-‚em-Up-Spiele ins Kino zu portieren. Auch Spieldesigner Chris Roberts, der aktuell am Millionen-Weltraumepos Star Citizen arbeitet, lieferte mit der Filmumsetzung zu seiner Kultreihe Wing Commander nur einen klischeehaften Science-Fiction-Streifen ab.

In den 2000er Jahren führten weitere Spiele-Verfilmungen wie die Noir-ActionMax Payne oder Hitman zu verhaltenen bis harschen Kritiken von Fans und Rezensenten. Fast schon legendär sind die mit Häme überhäuften Werke des deutschen Regisseurs Uwe Boll, darunter Alone in the Dark, Blood Rayneund Far Cry.

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Zu den erfolgreicheren Beispielen, wie sie von Fans teils belächelt und teils akzeptiert werden, zählen lediglich die bizarren Silent-Hill-, die amüsanten Tomb-Raider- oder die kaum noch mit der Spielserie verbundenen Resident-Evil-Filme.

>Wenn das Mitspracherecht der Spieleentwickler fehlt

Warum die meisten Filme, die auf große Spiele-Franchises setzen, nicht erfolgreich waren, sagt Thomas Tull, Produzent des kommenden Warcraft-Films: „Geht’s nur darum, die Spieler irgendwie in die Kinos zu locken, die Frage, wie viel Geld man mit einem Film zum Spiel machen kann, dann ist das Unterfangen zum Scheitern verdammt.“ Ein aktuelles Paradebeispiel, das Tulls These unterstützt, ist die schwache Verfilmung der Rennspielreihe Need for Speed.

Bislang war es in der Vergangenheit zudem die Regel, dass die Spielemacher kein Mitspracherecht an der Leinwandumsetzung hatten, sie vergaben nur die Lizenz. Regisseure und Autoren kannten die Spiele in vielen Fällen nicht einmal, hatten sie nie ausprobiert oder ihre Charaktere verstanden, ihre Essenz verinnerlicht. Sie sahen sie nicht als vollwertiges Medium, respektierten sie nicht als wertvolle Vorlage, sondern lediglich als zugkräftigen Namen, der mit gänzlich eigenen Ideen auszustatten sei.

Auf Augenhöhe mit anderen narrativen Kunstformen

Videospiele können jedoch schon seit langem auf dem narrativen Niveau von Film, Buch und Theater liegen. Adventure-Klassiker wie Maniac Mansionerzählten schon in den Achtzigerjahren eine Geschichte, wie sie heute von Pixarstammen könnte. Bei jüngeren Werken wie Bioshock oder Metal Gear Solid sind gar philosophisch aufgeladene und gesellschaftskritische Denkkonzepte angelegt. Fiktive Welten werden erschaffen, in denen die Folgen eines objektivistisch geprägten Soziotops oder entfesselten privat-militärisch geprägten Sektors exerziert werden.

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Reihen wie Uncharted, Call of Duty und Assassin’s Creed stehen für cineastische Actionunterhaltung in Videospielform. Und hinter Produktionen wie Watch Dogs, Mass Effect und auch World of Warcraft verbergen sich fein ausgestaltete Welten und Universen, die mit unglaublichen Details, spannenden Charakteren und erzählenswerten Geschichten, Themen und Thesen ausstaffiert sind.

Hollywood erkennt die Kreativität der Spiele

In Videospielen gibt es viele kreative Ideen, frische Handlungen und originelle Helden, die Hollywood allmählich als achtenswert anerkennt. Rund 20 Realfilmumsetzungen mit Multimillionen-Budget sind derzeit zu Videospielen angesetzt. Alleine 2016 sollen Warcraft, Uncharted, Assassin’s Creed und Metal Gear Solid in die Kinos kommen. Zu Angry Birds und der Pikmin-Reihe soll es Animationsfilmumsetzungen geben.

In den Jahren darauf wird geplant, Just Cause, Deus Ex, Splinter Cell, The Last of Us und Shadow of the Colossus filmisch umzusetzen. Sogar ein Film zum Klötzchen-Klassiker Minecraft ist in Vorbereitung, wie auch zum simplen Reaktionstest Temple Run.

Der vollständige Artikel ist am 13. Dezember 2014 bei golem.de erschienen.