„Rise of the Tomb Raider“: Die neuen Leiden der jungen Lara

zeit

Entdecken, Klettern, Rätseln: „Rise of the Tomb Raider“ kehrt zu den Wurzeln der Actionspielserie zurück. Da leidet es sich trotz Klischees gerne mit Lara Croft mit.

Von Benedikt Plass-Fleßenkämper

Mit Tomb Raiderdem Reboot der seit 1996 existierenden Spieleserie erfand der US-Entwickler Crystal Dynamics die Figur der Lara Croft vor zwei Jahren neu. Sie war nun nicht mehr das virtuelle Busenwunder, nicht mehr die Action-Ikone, die Angelina Jolie in zwei Kinofilmen verkörpert hat. Sondern eine junge, verletzliche Frau, die um ihr Leben kämpfen und Qualen durchleben musste – und das auch ganz offen zeigte. Jedenfalls für einen Moment, denn dass Lara binnen weniger Spielstunden dann doch wieder mit automatischen Waffen vor sich hin meuchelte, ging manchen Kritikern zu schnell. Vor allem aber blieb ihre eigentliche Berufung auf der Strecke: die Grabräuberei.

Rise of the Tomb Raider schließt diese Lücke nun. Der Titel bedeutet übersetzt so viel wie Die Wiederauferstehung der Grabräuberin und ist passend für das Actionspiel, das ab heute exklusiv für Xbox-Konsolen erhältlich ist. Kletter- und Rätseleinlagen sowie Kämpfe wechseln sich ab; das Erkunden von Grabkammern und Grotten steht wieder deutlich mehr im Vordergrund als im Vorgänger.

imgID45609929

Auf der Suche nach dem ewigen Leben

Der Plot knüpft an die Geschichte des Prequels an. Lara muss die Ereignisse von Tomb Raider verarbeiten, und auch das archäologische Erbe ihres verstorbenen Vaters lastet schwer auf ihr. Um dessen Forschungen zu vollenden, begibt sie sich auf die Suche nach der legendären Stadt Kitesch in Sibirien, wo sie ein Artefakt vermutet, das Unsterblichkeit garantieren soll. Allerdings hat auch die fanatische Trinity-Sekte davon erfahren. Es beginnt ein Wettrennen zwischen Lara und Trinity, das dramaturgisch an Spielbergs Indiana Jones: Jäger des verlorenen Schatzes erinnert.

Das Niveau der Story schwankt dabei zwischen klischeehaft und unterhaltsam, speziell die Bösewichte wirken arg stereotyp. Schade ist außerdem, dass die zahlreichen Zwischensequenzen an Kinofilme erinnern, inhaltlich aber wenig Tiefgang bieten. Immerhin nimmt man Lara die Entwicklung vom traumatisierten Twen zum Bad Ass ab, wie die britische Ausgabe von Wired schrieb.

Faszinierende Entdeckungsreise

 Die Erkundung der Spielwelt macht viel vom Reiz von Rise of the Tomb Raider aus. Die großflächigen Areale sind miteinander verknüpft: Um zum Beispiel von der sibirischen Wildnis zu einer Sowjet-Anlage zu gelangen, müssen die Spieler zuvor durch eine Gletscherkaverne kraxeln. Lara zieht sich mit ihrer Kletteraxt an Eiswänden hoch, überwindet Abgründe mit punktgenauen Sprüngen, schwingt an Seilen und Balken oder hangelt an Vorsprüngen entlang. Wer nach Beendigung der auf eine Spielzeit von etwa 15 Stunden angelegten Storymissionen alle Nebenaufgaben und Extras des Spiels erforschen will, muss laut Gamedesigner Mike Brinker 30 bis 40 Stunden investieren.

 Und die Rätsel? Die gibt es in den acht unterirdischen Grabstätten; für ihre Lösung erhalten die Spieler Zugang zu Relikten, die Lara mit Zusatzfähigkeiten ausstatten. Mal gilt es, bestimmte Schalter zu aktivieren, dann wiederum an Seilen baumelnde Objekte abzuschießen oder den Wasserpegel eines Raum abzusenken oder zu erhöhen. Die Aufgaben sind nur selten so anspruchsvoll wie in den ersten Teilen der Serie, machen aber trotzdem Spaß.

Den Actionanteil hat Crystal Dynamics im Vergleich mit dem Vorgänger dafür deutlich zurückgeschraubt. Die Heldin zückt immer noch Waffen wie Pistole oder Sturmgewehr und bekämpfen damit die Trinity-Schergen, sucht aber selten die direkte Konfrontation. Leises Anschleichen gelingt nun besser, Lara attackiert vorzugsweise versteckt aus Büschen oder von Bäumen aus. Entbrennt dann doch mal ein offenes Feuergefecht, spielt sich Rise of the Tomb Raider ähnlich wie ein Deckungsshooter à la The Order: 1886. Das funktioniert einwandfrei, gönnt dem Spieler aber wenig Freiraum.

Der vollständige Artikel ist am 13. November 2015 bei Zeit Online erschienen.