„Tomb Raider Definitive Edition“ im Test: Laras neue Kleider

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Lara Crofts jüngstes Abenteuer ist nun auch für PS4 und Xbox One erhältlich. Lohnt sich das Next-Gen-Update?

Von Olaf Bleich

Nicht nur die Filmindustrie leidet unter Ideenknappheit, auch auf dem Videospiele-Markt dominieren Reboots und Neuauflagen. „Tomb Raider“ erschien bereits 2013 für PC, Xbox 360 und Playstation 3. Die Besonderheit des erfolgreichen Serien-Reboots: Die Über-Lara vergangener „Tomb Raider“-Tage, die unkaputtbar, voller Selbstsicherheit und Risikobereitschaft Bösewichten, Fallen und Flüchen trotzte, um antike Schätze ans Tageslicht zu holen und dabei von Mal zu Mal immer langweiliger, wure von einer neuen, jüngeren Version ihrer selbst abgelöst. Damit auch die Besitzer der neuen Konsolengeneration die „Neue“ kennenlernen können, schiebt Entwickler Eidos Montreal jetzt eine aufgemöbelte Version seines Action-Adventures als „Tomb Raider: Definitive Edition“ für die PS4 und die Xbox One hinterher.

Facelifting für Lara

Tatsächlich ist die „Tomb Raider Definitive Edition“ besonders aus technischer Sicht ein wahrer Leckerbissen. Die Entwickler haben frische Shader-, Beleuchtungs- und Physikeffekte sowie Verbesserungen bei Wetter und Beleuchtungseffekten, viermal höher auflösende Texturen, überarbeitete Charaktermodelle, neue Zerstörungsmöglichkeiten und eine native Full HD-Auflösung eingebaut.

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Im Vergleich zur alten Konsolenversion fallen einem hier unzählige kleine und große Veränderungen auf: Alle Ausrüstungsgegenstände baumeln nun physikalisch korrekt berechnet am Gürtel der Protagonistin. Laras Kleidung wird schmutzig und nass. Und ihre Haare sind nun keine wippende Badekappe mehr, sondern in Echtzeit berechnete Strähnen, die entsprechend der Bewegungen hin und her flattern. Eigens für die Definitive Edition wurde zudem Laras Gesicht neu modelliert. Allerdings wirkt die Hauptdarstellerin durch die erhöhte Polygonzahl auch ein wenig künstlich und doch arg „gestrafft“.

Vorteil PS4-Version

Die Spielwelt wiederum profitiert von der insgesamt stabilen Bildrate, den massiv verbesserten Lichteffekten und der höheren Bildschirmauflösung. Die Playstation 4-Version läuft dabei in Full HD-Auflösung (1920 x 1080 Pixel) und mit 60 Bildern pro Sekunde. Die Fassung für die Xbox One schafft bei gleicher, allerdings teils hochgerechneter Auflösung im Schnitt nur 30 Bilder. Im direkten Vergleich steht die PS4-Portierung der letztes Jahr erschienenen PC-Fassung in kaum etwas nach, die Xbox One-Variante fällt dahinter ein wenig ab.

Gleicher Inhalt, gutes Spiel

Inhaltliche Neuerungen bietet die „Tomb Raider: Definitive Edition jedoch nicht wirklich. Immerhin sind neben dem Original-Spiel auch die bisher veröffentlichten DLC-Pakete enthalten. Diese beschränken sich allerdings auf eine neue, erkundbare Höhle, Kostüme für Lara und einige Extra-Karten für den eher durchschnittlichen Mehrspieler-Modus. Das Spiel selbst bleibt aber nach wie vor absolut empfehlenswert.

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Die junge Archäologin hat ihren Studienabschluss hinter sich gebracht ist nun gemeinsam mit ihrem Mentor Professor Roth auf der Suche nach einer alten japanischen Herrscherin und deren versunkenem Reich irgendwo im Drachendreieck im Nordpazifik. Als ein Sturm das Schiff auf Grund laufen lässt, strandet die Heldin auf einer mysteriösen Insel und muss um ihr Überleben kämpfen. Ein brutaler Mob, der Schiffe plündert und ihre Crews ermordet, beherrscht das im Weltkrieg vom Militär besetzte, jetzt reichlich verfallen wirkende Eiland.

Doch Lara lernt schnell, sich auf die Ereignisse einzustellen, und die Gewissenbisse, die beim ersten in Notwehr getöteten Gegner aufkommen, werden bald von einer routinierten Einsicht abgelöst, dass das Notwendige getan werden muss, um selbst zu überleben, ihre gefangen genommenen Freude zu befreien und von der Insel zu fliehen.

Hollywood lässt grüßen

Tomb Raider ist bombastisch inszeniert und erinnert phasenweise eher an einen interaktiven Kinofilm als an ein Videospiel. Lara stürzt, stolpert, kämpft und gerät von einer halsbrecherischen Situation in die nächste. Allerdings ist die Mutation von der Studentin zur taffen Actionbraut sehr sprunghaft. Anfangs noch ein unbeholfenes Mädchen, mutiert Lara binnen einer Stunde zur abgebrühten Heldin mit „Stirb Langsam“-Attitüde.

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Klasse Action-Mix

Doch von diesem inhaltlichen Makel abgesehen schlägt sich der Tomb Raider-Reboot ganz ausgezeichnet. Lara steuert sich aus der Verfolgerperspektive sehr direkt, springt geschwind an Mauern hoch, klettert wie ein junger Assassine und heizt ihren Feinden mit Pfeil, Bogen und Schusswaffen kräftig ein. Die Areale sind nicht linear, stattdessen gibt es immer wieder versteckte Kisten zu entdecken oder Gräber zu erkunden. Gelegentlich streut das Spiel sogar einige Rätselpassagen ein.

Nur für Erwachsene

All diese Aktionen lassen Erfahrungspunkte auf Laras Konto prasseln, die man wiederum an Lagerfeuern in Upgrades investiert. Hier erweitert man beispielsweise die Schrotflinte um ein größeres Magazin, den Bogen um eine stärkere Sehne oder spendiert Lara neue Schleichaktionen und Exekutionsmanöver. Denn die Croft geht in Tomb Raider mächtig hart zur Sache. Lara selbst stöhnt und ächzt unter der Strapazen mehr als einmal laut aus den Lautsprechern. Ein Spiel für Kinder ist Tomb Raider aufgrund der expliziten Gewaltdarstellung auf gar keinen Fall!

Was uns gefällt

Das Next-Generation-Update steht Lara Croft wirklich gut zu Gesicht: Die „Definitive Edition“ sieht fantastisch aus und ist speziell auf der Playstation 4 auf PC-Niveau. Laras neues Abenteuer steckt zudem voller Hollywood-Momente und punktet mit seiner guten, direkten und intuitiven Bedienung.

Was uns nicht gefällt

Die Next-Gen-Version bietet kaum Mehrwert im Vergleich zum 2013er Original. Und auch damals störte man sich schon an der merkwürdigen Charakterentwicklung der Protagonistin und der im Vergleich zur Serientradition zu geringen Spieltiefe.

Fazit

„Tomb Raider: Definitive Edition“ ist ihren Preis wert. Zumindest, wenn man nicht schon im vergangenen Jahr bei Tomb Raider zugeschlagen hat. Denn abseits der verbesserten Technik bietet die Next-Gen-Portierung keine echten Neuerungen. Neueinsteiger, die frisches Futter für ihre PS4 oder Xbox One suchen, dürfen hingegen getrost mit Lara Croft ins Abenteuer ziehen und dabei auf beste Unterhaltung hoffen. PC-Spieler und Konsoleros, die mit der neuen Croft schon unterwegs waren, können die Definitive Edition links liegen lassen oder auf ein günstiges Angebot warten.

Infos zum Spiel

Titel: Tomb Raider Definitive Edition
Genre: Action-Abenteuer
Publisher: Square Enix
Hersteller: Eidos Montreal
Release: Im Handel
Preis: zirka 60 Euro
System: PS4, Xbox One
USK-Freigabe: Ab 18 Jahren
Wertung: Sehr gut

Erschienen am 04. Februar 2014 bei T-Online.