„Donkey Kong Country: Tropical Freeze“: Jetzt wird’s affig

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Das neue „Donkey Kong“ ist ein Videospiel der alten Schule. Das clevere Spieldesign begeistert, die zuckersüße Aufmachung täuscht aber: Das anspruchsvolle Jump&Run goutieren vor allem Profis.

Von Benedikt Plass-Fleßenkämper

Sony (PS4) und Microsoft (Xbox One) haben Ende 2013 zum großen Angriff der Next-Gen-Konsolen geblasen und dürfen sich trotz des bislang enttäuschenden Spieleangebots über gute Verkaufszahlen freuen. Nintendos aktuelle Konsole Wii U ist schon ein Jahr länger erhältlich, doch die Absätze des Geräts schwächeln. Konzernchef Satoru Iwata verkündete nach der Bekanntgabe, dass Nintendo das Geschäftsjahr mit Verlusten abschließen wird, dass er in den kommenden Monaten auf die Hälfte seines Gehalts verzichten wird.

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Schwere Zeiten also für die japanische Traditionsfirma, die sich in erster Linie nur noch dank ihrer Handheld-Sparte auf dem hart umkämpften Konsolenmarkt behaupten kann. Da es Nintendo derzeit noch an neuen Strategien mangelt, um gegen die technisch überlegene Konkurrenz anzugehen – die Ankündigung, eigene Werbe-Apps entwickeln zu wollen, mal außen vor gelassen –, muss man auf die Zugkraft der eigenen großen Games-Marken hoffen. Wie „Donkey Kong“ – eine Jump&Run-Reihe die stets etwas im Schatten der anderen Nintendo-Franchises „Super Mario“ und „Zelda“ stand“.

Ein Primat als Hoffnungsträger für Nintendo

Ob das neue „Donkey Kong Country: Tropical Freeze“ allerdings zum „System-Seller“ taugt, ist fraglich – es dürfte einigen Gamern schlichtweg zu schwer und vielleicht auch zu altmodisch sein. Denn von der familientauglichen Fassade sollte man sich nicht täuschen lassen, dahinter schlummert ein fordernder Reaktionstest: Wer hier den Titelhelden nicht zentimetergenau über Plattformen, Hindernisse und allerlei Gegner manövriert, sieht den „Game Over“-Bildschirm schneller, als ihm lieb ist.

Angriff der Viehkinger

Die Story ist Nintendo-typisch Nebensache: Die „Viehkinger“ aus dem Norden vertreiben die Kongs von ihren Heimatinseln, die Affenbande muss nun ihr Reich zurückerobern und dafür sechs Eilande retten. Es folgt ein Hüpf-Exkurs der alten Nintendo-Schule: Im Eiltempo geht’s von links nach rechts, hinweg über Schluchten und Abgründe, vorbei an rotierenden Kreissägen, einstürzendem Mauerwerk und vorwitzigen Feinden, darunter Pinguine, Schnecken, Schildkröten oder Hasen – teilweise im Wikinger-Look mit Helm und Speer gestaltet. Jede Insel hat ihre eigene Thematik, die vom Dschungel über herbstliche Wald- und Windmühlen-Idylle bis hin zur Eiswelt reicht. Neu hinzu gekommen sind gegenüber dem Vorgänger einige Abschnitte, die ausschließlich unter Wasser spielen. Jede Insel besteht aus sechs bis sieben Levels, am Ende wartet dann schließlich ein Endboss auf den Spieler, der jeweils eine eigene Taktik erfordert – zum Beispiel ein Wikinger-Walross oder ein Polarbär mit einem Riesen-Hammer.

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Affige Freunde

Donkey Kong muss sein Abenteuer jedoch nicht alleine bestehen: Während man durch die kunterbunten Landschaften hopst, stößt man auf zerstörbare Fässer, aus denen man einen zufällig gewählten Affenfreund befreit. Der nimmt nun auf Kongs Schulter Platz und greift ihm mit seiner Spezialfähigkeit unter die Arme. Wo Diddy auf Knopfdruck eine Art Raketenantrieb aktiviert, setzt Dixie ihre blonde Mähne wie die Rotorblätter eines Helikopters ein. Und Serien-Neuzugang Opa Cranky funktioniert seinen Gehstock zur praktischen Hüpf-Hilfe um. Hat man einen Freund zur Hand, darf man auch zu zweit an einem Bildschirm losziehen – was die Angelegenheit zwar noch etwas spaßiger, aber nicht unbedingt leichter macht. Denn für jeden Fehltritt im Duo zieht einem das Spiel gleich zwei Versuche ab; ist man solo unterwegs, kosten Stürze in eine Schlucht lediglich ein Bildschirmleben.

Die perfekte Sprung-Choreographie

Wie schon erwähnt ist „Tropical Freeze“ ein schweres Spiel: Nicht selten kommt es vor, dass man eine bestimmte Stelle immer und immer wieder neu angehen muss, bis man sie gemeistert hat. Ohne präzises Timing kommt man hier nicht weit – beispielsweise, um über poröse Plattformen zu springen, die nur Millisekunden später einstürzen, sobald man sie betreten hat. Diese „Trial&Error“-Passagen können ganz schön an den Nerven zehren. Doch hat man eine eine besonders fiese Stelle endlich gepackt, ist die Genugtuung riesig. Dass man überhaupt so lange am Ball bleibt, ist der intuitiven Steuerung und dem ausgetüftelten Leveldesign zu verdanken. Der Spieler weiß: Wenn er in „Tropical Freeze“ scheitert, lag das ausschließlich an ihm selbst. Nie schiebt man das eigene Versagen dem Spiel zu.

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Ein Nashorn namens Rambi

Zudem macht es Nintendo einem leicht, „Tropical Freeze“ zu mögen: Das Spiel platzt fast vor Vielfalt. Aufregende Kamerafahrten, die geschickt zwischen 2D- und 3D-Perspektive wechseln, wilde Ritte in explosiven Fässern oder auf Nashorn Rambi, die für die Spielereihe traditionellen Fahrten in einer Lore, die man über wahnwitzige Schienenstrecken steuern muss, sowie viele gelungene Einfälle der Entwickler halten einen bei der Stange. Obendrein weckt das Spiel mit Alternativrouten, geheimen Levelpassagen und jeder Menge sammelbarer Gegenstände den Entdeckergeist im Spieler. Je mehr Bananen man einsackt, desto besser: die Früchte lassen sich in Funky Kongs Laden gegen nützliche Extras eintauschen. So kann man zum Beispiel zusätzliche Extraleben oder Gegenstände wie die „Vollkasko“ erstehen – Letztere schützt Donkey Kong bei einer rasanten Lorenfahrt vor allzu harten Zusammenstößen.

Im Gegensatz zum Multiplayer-Trend aktueller Videospiele beschränkt sich Nintendo bei „Tropical Freeze“ auf Online-Bestenlisten, die es dem Spieler erlauben, seine Rekorde mit anderen Wii-U-Nutzern zu vergleichen. Für diejenigen, die es gar nicht schwer genug haben können, stehen außerdem Zeit-Herausforderungen sowie ein extra-schwerer Modus parat: Hat man das Spiel einmal erfolgreich absolviert, gilt es hier, jedes Level mit nur einem Versuch zu bewältigen.

Die "Donkey Kong"-Reihe Neben den "Zelda"-, "Pokémon"- und "Super Mario"-Spielen zählt das "Donkey Kong"-Franchise zu den wichtigsten Marken der japanischen Videospielfirma Nintendo. Seit dem ersten Titel der Serie, dem Spielhallen-Hit "Donkey Kong" von 1981, ist der Pixel-Gorilla aus der Welt der digitalen Spiele nicht mehr wegzudenken und hatte bislang in über 60 Videospielen einen Auftritt – entweder als Protagonist oder Nebendarsteller. Zu den erfolgreichsten und beliebtesten Ablegern der Reihe zählt der Plattform-Hit "Donkey Kong Country" (1994) für die 16-Bit-Konsole Super Nintendo – der geistige Vater des neuen "Donkey Kong Country: Tropical Freeze" für Wii U.

Die „Donkey Kong“-Reihe
Neben den „Zelda“-, „Pokémon“- und „Super Mario“-Spielen zählt das „Donkey Kong“-Franchise zu den wichtigsten Marken der japanischen Videospielfirma Nintendo. Seit dem ersten Titel der Serie, dem Spielhallen-Hit „Donkey Kong“ von 1981, ist der Pixel-Gorilla aus der Welt der digitalen Spiele nicht mehr wegzudenken und hatte bislang in über 60 Videospielen einen Auftritt – entweder als Protagonist oder Nebendarsteller. Zu den erfolgreichsten und beliebtesten Ablegern der Reihe zählt der Plattform-Hit „Donkey Kong Country“ (1994) für die 16-Bit-Konsole Super Nintendo – der geistige Vater des neuen „Donkey Kong Country: Tropical Freeze“ für Wii U. Geschichtsstunde für Gamer: Die NES-Umsetzung des ersten „Donkey Kong“ ist für Wii U in Nintendos eShop per Download für 4,99 Euro erhältlich.

Technisch ist „Tropical Freeze“ mit seiner pixelgenauen HD-Grafik gelungen und überzeugt mit einem farbenfrohen, klaren Stil und lustigen Animationen der Spielfiguren. Gegen aktuelle Grafik-Schwergewichte auf PC oder den Konkurrenz-Konsolen wirkt der Nintendo-Titel dennoch etwas brav. Dafür gibt es einen erstklassigen Soundtrack aus der Feder des Komponisten David Wise zu hören, der mit Calypso-Klängen und Reggae-Rhythmen für Urlaubsstimmung sorgt.

Fazit: Ein Affenspaß für Kenner und Könner

Keine ausschweifenden Online-Optionen, kein Free-to-play, keine Ingame-Käufe, dafür herrlich altmodische 2D-Levels und ein Schwierigkeitsgrad, der sich gewaschen hat: „Donkey Kong Country: Tropical Freeze“ ist puristischer Videospiel-Spaß in alter Nintendo-Tradition. Gegen moderne Hüpfspiele wie „Rayman Legends“ wirkt das Spiel fast schon konservativ. Doch die ausgereifte Level-Gestaltung, viele versteckte Gegenstände, die motivierenden Boss-Kämpfe und die liebevolle Präsentation unterhalten vor allem Kenner der Serie bestens. Einfach zu spielen, schwer zu meistern – und deswegen umso befriedigender, wenn man nach etwa zwölf bis 15 Stunden den Abspann zu sehen bekommt.

Hersteller/Vertrieb: Nintendo
Genre: Jump&Run
Plattform: Nintendo Wii U
Preis: 45 Euro
Altersfreigabe: ab 0 Jahren

Erschienen am 24. Februar 2014 bei stern.de.